Point Alpha, innerdeutsche
Grenze
Nach meiner Tour durch Polen und Ostdeutschland, hatte ich
zwischendurch mal geschaut, was noch an interessanten Objekten
hier in der Nähe wären, die man bei einer Tagestour mal
erforschen könnte. Ich stieß beim Googlen dann auf Point Alpha,
den westlichsten Punkt der damaligen DDR, im Kalten Krieg ein von
beiden Seiten als extrem neuralgischen Punkt betrachteten Ort.
Hier standen sich direkt US Armee, Bundesgrenzschutz, die
Grenztruppen der DDR und die Rote Armee gegenüber und bewachten
einander. Da ich ja noch als kleiner Junge die damalige DDR-Grenze
in Form der Mauer in West-Berlin gesehen und erlebt hatte und auch
den Fall der Mauer und die Grenzöffnung 1989 sehr bewusst
miterlebt habe, wollte ich doch gerne mal sehen, was noch von
dieser Grenze übrig ist. Zu meinem Erstaunen muss ich sagen:
Nicht viel. Unglaublich, das diese Hunderte Kilometer
Grenzbefestigungen in so wenigen Jahren praktisch komplett
verschwunden sind. Nur der ehemalige Todesstreifen, der sich wie
ein hellgrünes Biotop zwischen den Wäldern beiderseits der
ehemaligen Grenze hinzieht, kündet noch von den damaligen
Befestigungen. So gibt es in der Tat nicht mehr viele Orte, wo
überhaupt noch Reste der Grenzbefestigungen zu finden sind.
Auf dem Weg dorthin habe ich dann
erstmal schöner Weise ein Ticket wegen zu schnellem Fahren
bekommen - innerorts ist wirklich kilometerlang eine Frau vor mir
hergeschlichen mit Tempo 30. Es war aber überall Tempo 50. Nach
dem dritten Dorf reichte es mir dann und ich habe die einzige
freie Stelle zum Überholen genutzt, wurde dabei kurzzeitig etwas
flotter als 50 und - ZAPP, schon ging ein Starenkasten los. Olle
Zippe. Vielen Dank, Schnarchnase!
Jedenfalls fand ich das Gelände
dank meines neuen Navis sehr schnell und problemlos - ein Hoch auf
die Technik! So machten die Erkundungsfahrten und Bunkertouren
doch gleich deutlich mehr Spaß. Zu meiner Polenfahrt hatte ich es
ja noch nicht, aber hier fand so gesehen die Einweihung statt -
ging hervorragend. Aber der Reihe nach - ich bog also auf das
Gelände bei Point Alpha ein und habe mir zuerst die
bundesdeutsche Seite mit den US Installationen angesehen. Schon
vom Parkplatz aus waren die Wachtürme auf beiden Seiten sowie der
Grenzzaun zu sehen.
Der Reihe nach - Point Alpha war einer von vier US-Beobachtungsstützpunkten an der hessischen innerdeutschen Grenze. Heute ist „Point Alpha“ der Name einer Mahn-, Gedenk- und Begegnungsstätte an der Straße zwischen Geisa (Thüringen) und Rasdorf (Hessen).
In direkter Nachbarschaft Geisas, der einst am weitesten westlich gelegenen Stadt des Ostblocks, erfüllte der Beobachtungsstützpunkt „Point Alpha“ bis zum Fall des Eisernen Vorhangs eine wichtige Beobachtungsaufgabe im Verteidigungskonzept der NATO. Auf der anderen Seite der Grenze waren entsprechende Beobachtungspunkte der Staaten des Warschauer Pakts eingerichtet.
Der Stützpunkt lag im Zentrum der NATO-Verteidigungslinie „Fulda Gap“ (Fuldaer Lücke), in der die NATO im Ernstfall die Invasion der Truppen des Warschauer Pakts erwartete. Die "Fulda Gap" zog sich von Herleshausen über Fulda bis in die Nähe von Bad Neustadt. Der Name Point Alpha geht darauf zurück, dass es der erste errichtete Beobachtungspunkt war.
Die US Border Observation Points dienten ausschließlich der Beobachtung; bereits bei den ersten handfesten Anzeichen für einen Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten hätte sich die Besatzung aus Point Alpha zurückgezogen. Direkte Kampfhandlungen waren nicht vorgesehen.
(Übersichtskarte über das
Gelände am Parkplatz.)
Dank der Übersichtskarte konnte
man sich einen guten Überblick darüber verschaffen, was man hier
wo sehen konnte. Zum einen das amerikanische Beobachtungscamp,
dann der relativ neue dreistreifige Grenzzaun aus den 70er und
80er Jahren, der zweistreifige Stacheldrahtzaun der frühen 60er
und dann noch der einfache Stacheldrahtzaun aus den 50er Jahren.
Mir war vorher gar nicht bewusst, das man die Grenzbefestigungen
so stark über die Jahre verändert hatte...
(Der amerikanische Beobachtungsturm.)
Zunächst ging es aber in das
amerikanische Camp. Kurz ein Ticket gelöst und dann das Gelände
betreten. Den großen Wachturm habe ich erst später betreten, es
war recht voll an dem Sonntag vor Ort. Lag sicher auch am
exzellenten Wetter für so einen Spätsommer/Frühherbsttag im
September. Ich schaute mir also zunächst den Wendehammer an, nur
bis hierhin durften leichte US-Fahrzeuge fahren. Panzer waren hier
nicht erlaubt, dies hätte als Provokation verstanden werden
können.
Ein kurzes Stück weiter waren
diverse amerikanische Militärzelte aufgebaut. So konnte man hier
unter anderem eine Feldküche sehen und auch eine kleine
Funkstation. Ziemlich dicht noch am Turm. Ein Stück weiter hinten
dann ging ein dicker roter Strich über den Fahrweg - bis hierhin
durften Panzer maximal vorfahren. Grund: Siehe oben.
(Der rote Strich auf dem Fahrweg.)
Ein Stückchen weiter waren dann
typische Militärfahrzeuge der Amerikaner und des BGS zu sehen, so
ein M113 Schützenpanzer, ein Hubschrauber und andere Fahrzeuge.
Auch Gebäude gab es hier ein paar, hauptsächlich
Aufenthaltsräume, Wachräume, ein kleines Munitionsdepot und eine
Hangarähnliche Halle, in der die Fahrzeuge untergestellt wurden
im Normalfall.
(Der M113 Panzer.)
(Hubschrauber, Panzer und andere Fahrzeuge.)
Weiter ging es zum Eingangsbereich
des Areals. Hier sah man ein Wachhaus, in dem auch eine Puppe mit
der US Uniform zu sehen war. Auch der typische NATO-Draht und das
stacheldrahtbewehrte Tor, was typisch für die 80er Jahre US
Installation ist, war schön zu sehen. Alles noch völlig intakt,
dem rostfreien Edelstahl sei dank.
(Gesamtansicht des Eingangsbereichs.)
Ich ging nun zurück zum Anfang der
Anlage und machte noch ein schönes Bild vom Wachturm, bevor ich
dort hinaufkletterte. Oben angekommen hatte man dann ein
unglaubliches Panorama vor sich: Zum einen im Hintergrund den Harz
und die Berge, im Vordergrund aber die alten Grenzbefestigungen.
Ich habe versucht, davon ein Panoramabild zu machen, aber wie so
oft stellt sich die volle Wirkung erst ein, wenn man vor Ort ist.
(Ansicht des Wachturms.)
(Panoramablick über die Grenzbefestigungen.)
Von hier aus konnte man deutlich
sehen, wie massiv die Befestigungen waren. Der Scherengitterzaun
war mehrere Meter hoch und aus sehr scharfkantigem Metall
gefertigt. Beim Überklettern hätte man sich daran die Finger
zerschnitten - Handschuhe tragen war nicht möglich, da hierfür
die Löcher im Zaun zu klein waren. Eine durchdachte,
abschreckende Befestigung.
Weiter ging es, ich bin dann den
Wachturm wieder herunter gestiegen und zur eigentlichen Grenze
gegangen - bis zu dem Punkt erstmal, der auch früher von der BRD
aus betretbar war. Hier gab es noch den alten Schlagbaum zu sehen,
der funktionslos war, da auf der östlichen Seite schlichtweg die
Strasse verschwunden war und der Zaun durchgängig verlief.
(Alter Schlagbaum, Mahnmal.)
Aus der Nähe betrachtet war der
Zaun noch viel bedrohlicher und auch entsprechend hoch - 4 Meter!
(Grenzzaun.)
Auch den Betonschutz des Zauns, der
ein Durchbrechen mit einem Auto (ob ein Trabbi das überhaupt
geschafft hätte?) verhindern sollte, war zu sehen. Eine einfache,
wenn auch geniale Idee, so einen Druchbruchsversuch zu verhindern.
Dennoch: Die gesamte Grenze entlang hier Beton zu verbrauen, hat
sicher auch einiges gekostet.
(Betonschutz.)
Und auch hier gab es Bunker,
allerdings nur winzig kleine Beobachtungsbunker. Offenbar wollte
man sich bei der Beobachtung der Grenze nicht in die Karten gucken
lassen...
(Kleiner Beobachtungsbunker.)
Nachdem ich in den Bunker rein- und
wieder rausgeklettert war (bei unter 1qm Grundfläche erübrigt
sich jeder Versuch, vom Innenraum ein Bild zu machen...), bin ich
dann weiter in Richtung Dokumentationszentrum auf der Thüringer
Seite gegangen. Hier kam man dann an einem DDR-Wachturm vorbei,
wie er damals zu Hunderten an der Grenze stand. Leider ist dieser
nicht betretbar, das hätte ich sehr interessant gefunden! Er wird
heute noch von der Telekom genutzt um als Funkmast zu
dienen.
(Grenzanlage rechts, Wachturm links.)
(Nahaufnahme des Turmoberteils.)
Und auch das gab es: Eine
Hundelaufanlage. Man ließ Hunde an langen Leinen, die an ein
Drahtseil verspannt waren, im Grenzgebiet herumlaufen, die mögliche
Flüchtlinge durch Gebell verraten hätten.
(Hundelaufanlage, davor der Lochbeton-Kolonnenweg der DDR-Grenzer.
Im Hintergrund der einfach angelegte Zaun aus den 50er Jahren.)
Weiter ging mein Weg dann zum
Besucherzentrum. Dort gab es als Parallel zum amerikanischen
Posten ebenfalls DDR- und Rote Armee Technik zu sehen, aber leider
hatte ich nur einen halb gefüllten Akku in der Kamera und ohne
Blitz sind die meisten Bilder nicht sehr gut geworden. Daher nur
ein, zwei Bilder um einen kurzen Eindruck von dem Zentrum zu
bekommen.
(NVA-Soldaten an Fernmeldeposten.)
(NVA-Laster, man sieht schön, wie man Teile der Grenzanlagen im
Raum aufgebaut hat.)
Nachdem ich also keine Bilder mehr
machen konnte, die Ausstellung mir angesehen hatte und noch ein
paar Minuten die Sonne draußen genoss, habe ich mich auf den
Fußmarsch zurück zum Auto gemacht und bin dann von dort aus
wieder nach Hause gefahren. Eine nette Tagestour fand ich.
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