NVA- und GSSD Bunker sowie U-Verlagerungen,
Deutschland
And now for something completely
different…
So begann letztes Jahr eigentlich schon auf der Rückfahrt von
der Bunkertour der Denkprozess, wo es wohl 2016 hingehen sollte.
Nicht schon wieder Frankreich, Belgien wäre eine Option oder
doch Niederlande? Aber nachdem ich einige der kleinen Bunker in
den Niederlanden gesehen hatte, war klar das das nicht das Ziel
einer Großen Tour sein würde. Vorerst jedenfalls.
Blieben die ganzen Berichte über riesige, relativ gut
besuchbare U-Verlagerungen in
Ostdeutschland und natürlich noch die NVA und GSSD Bunker dort.
Die Fahrtzeit wäre auch nicht sooo lang und sprachtechnisch
endlich mal alles easy? Der Plan reifte in den kommenden Monaten
heran und die Recherche begann dieses Mal richtig früh. Und
nachdem dann klar war, das ich nochmal Papa werden würde, war
auch der Termin schnell gefunden: Es muss schon im April
losgehen damit wir keine Fledermäuse mehr stören würden aber
noch nicht der Nachwuchs schon vor der Tür stände.
Nachdem sich dann auch noch eine recht große Gruppe anschickte
mit zu kommen, wurde die Planung noch etwas verfeinert und
angepasst. Am Ende sah der durchaus straffe Plan vor, am ersten
Tag von Unna und Beckum aus nach Nordhausen zu fahren, sich dort
die KZ-Gedenkstätte Dora anzusehen, am Nachmittag dann zwei oder
drei Bunker rund um Erfurt zu erkunden und dann abends vorm
Einchecken ins Hotel noch ein Anlage bei Lehesten sich anzusehen.
Am zweiten Tag würden wir uns ausschließlich die U-Verlagerung
Rotbutt ansehen um dann am letzten Tag noch die U-Verlagerung
Anke zu erkunden. Sollten wir Zeit haben, wäre noch das
Außenlager Laura in Lehesten als Ausweichziel da und noch eine
weitere Schiefergrube in der Region.
Soweit der Plan und der ist dieses Mal auch relativ genau
umgesetzt worden. Wir haben nicht alles zeitlich geschafft und
am letzten Tag hatten wir dann nochmal etwas Pech, aber
insgesamt klappte die Tour recht gut. Das Wetter hingegen war
extremst – wir begannen mit Jeans und T-Shirt Wetter, gingen
dann über andauernden Nieselregen hin zu Schnee (!) am letzten
Tag. Das hatten wir so auch noch nicht – April eben.
Tag 1 -
Gedenkstätte Dora, Bunker in Windischholzhausen, Ollendorf und
Lehesten
Los ging die Tour
dieses Mal an einem Freitag um dichten Verkehr zu vermeiden, was
auch klappte. Wir kamen ziemlich pünktlich in Beckum los, fuhren
allerdings mit einem Auto mehr als gedacht, da das Gepäck sich
kaum anders verteilen ließ. Da muss optimiert werden für
kommendes Jahr, denn so gingen die Kosten merklich nach oben.
Wir bügelten also im Konvoi über die Autobahn nach Osten, mit
den Funken an Bord war das Konvoi fahren durchaus gut machbar.
Und tatsächlich – wir kamen mit einem brauchbaren Vorsprung auf
den Terminkalender bei Dora an nur: Alex und sein Bruder waren
noch nicht da. Diese riefen uns an, das sie noch im Stau stecken
würden. Bei der Anfahrt nicht überraschend. Also nahmen wir
erstmal ein spätes Frühstück auf dem Parkplatz ein und just als
wir damit durch waren, kam unsere Verstärkung aus Süddeutschland
dazu. Hervorragend! Kurze Begrüßung, ein kleiner Snack und ab
zum Besucherzentrum. Dort warteten wir draußen auf die nächste (nebenbei
kostenlose) Führung. Selbstverständlich haben wir erstmal eine
Spende in die Box geworfen, denn das sollte das Mindeste sein.
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Nach kurzer
Wartezeit wurde die Gruppe der Wartenden draußen immer größer
und schließlich kam ein freundlicher Herr dazu, der uns in den
folgenden zwei Stunden Dora zeigen würde.
Zur Geschichte von Dora kann ich guten Gewissens auf den
Wikipedia Artikel verweisen, sonst würde die Beschreibung hier
völlig den Rahmen sprengen:
https://de.wikipedia.org/wiki/KZ_Mittelbau-Dora
Die Reihenfolge der Tour war nebenbei absichtlich so geplant.
Die U-Verlagerungen die wir sehen würden, sind ja von KZ-Häftlingen
aus Dora errichtet worden – wir würden also abgesehen von den
NVA Bunkern das ganze Wochenenden lang in gigantischen
unterirdischen Gräbern und Todesfabriken (die V2 tötete mehr
Menschen durch ihre Produktion als durch ihren Einsatz!)
unterwegs sein. Entsprechend habe ich es für wichtig erachtet,
das wir zum Einstieg uns alle damit vertraut machen würden, was
das in letztlicher Konsequenz für die Häftlinge bedeutet hat.
Die Atmosphäre auf dem Gelände war jedenfalls sehr beklemmend.
Strahlender Sonnenschein und mildes Wetter und man war umgeben
von Zeugen tausendfachen Todes und Terrors. Die Führung begann
mit einer Erläuterung zur Geschichte der Lager allgemein und
dieses Lagers im Besonderen. Wir gingen langsam den Weg vom
Besucherzentrum rüber zum Appellplatz und lauschten den
Ausführungen unseres kundigen Betreuers. Aus Pietätsgründen sah
ich davon ab, hier viele Bilder zu machen.
(Ansicht
des Geländes in Richtung Lagertor und Appellplatz.)
An den Fundamenten der Bahn und der Gebäude vorbei ging der Weg
langsam in Richtung des Stollens, in denen die Häftlinge
gezwungen wurden die V2 und auch V1 zu bauen.
(Eingangsbereich in die Stollen.
Links alter, verschütteter Eingang, Mitte der Neue.)
Im Tunnel selber war die Atmosphäre genauso beklemmend wie
draußen – nur das hier nicht einmal freundliches Sonnenlicht
herrschte. Wir erfuhren Details zu den Bedingungen und Umstände,
unter denen die Produktion lief. Die Tunnel wurden nur dezent
ausgeleuchtet, eine gute Idee, die noch einmal deutlich machte,
wie es hier ausgesehen haben dürfte.
(V2 Antrieb der im Stollen geborgen
wurde. Im Hintergrund der verschüttete südliche alte Eingang.)
(Zeigt die massiven Dimensionen der
unterirdischen Anlage. Rechts über die Treppe und Steg geht der
Besucherpfad.)
Wir gingen mit der Führung langsam durch den öffentlichen Teil
des Tunnelsystems. Leider sind nur 2% des Systems so begehbar –
der Rest ist zwar größtenteils noch da, aber leider nicht mehr
begehbar, da massiv überwacht und auch verschlossen. Aber auch
so gibt es meiner Meinung nach genug zu sehen.
(Blick den
Besucherpfad entlang. Das ist nicht einmal ein Hundertstel der
Anlage.)
(Ringsum
Trümmerteile und Produktionsreste. Laut unserem Guide sieht der
nicht öffentliche Teil genauso aus.)
Nachdem wir den teilweise überfluteten Teil gesehen hatten, ging
es mit der Führung zurück zum Ausgang. Nach kurzer
Verabschiedung und Aufwärmen in der Sonne schlenderten wir dann
zu den Autos zurück. So richtig nach Essen war uns eigentlich
nicht zu Mute, aber dennoch stillten wir den Hunger mit ein paar
Brötchen und Snacks. Dann verteilten wir die Pläne und sprachen
den Rest des Tages durch.
Da es bereits
kurz vor 14 Uhr nun war, beschlossen wir den ersten Bunker zu
überspringen, da wir mit der Fahrtzeit nach Erfurt sonst nicht
hingekommen wären. Da musste mir bei der Planung der Tour ein
Fehler unterlaufen sein, denn die Fahrtzeit von Dora dorthin war
etwas kurz bemessen. Auch das die Führung insgesamt zwei Stunden
dauerte, statt 90 Minuten, zwang uns zu einer Anpassung des
Plans. Wir fuhren also mit den Autos im Konvoi los und machten
uns direkt auf den Weg nach Windischholzhausen. Da einer der
Mitfahrer leider noch einen kleinen medizinischen Notfall hatte,
mussten wir zusätzlich noch nach einer Apotheke suchen – das machte den
Plan nicht einfacher zu erfüllen, aber da geht die Gesundheit
einfach vor. In Windischholzhausen eingetroffen, parkten wir
verteilt in einem Wohngebiet und gingen mit leichtestmöglichem
Gepäck los. In dem kleinen Bunker würden wir wenig Bedarf für
die volle Ausrüstung haben – und schon nach wenigen Hundert
Metern im Wald trafen wir auf den leider ziemlich verschütteten
Eingang des Bunkers.
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Wir gaben die
Hoffnung dennoch nicht auf noch einen zweiten Eingang zu finden
– aber nach fast 45 Minuten im Unterholz mussten wir einsehen:
Es gab zwei nebeneinanderliegende Eingänge und diese waren beide fest
verschüttet und vermauert. Das war auch der einzige Bunker auf
dem Gelände. Also leider ein totaler Fehlschlag an
dem Bunker. EIn paar Fotos der Bunkerreste und der betonierten
Laufgräben kurz gemacht und dann Abmarsch...
(Laufgräben vor dem
Bunker.)
(Da ist kein Durchkommen - der dicke
Betonklumpen blockiert die Tür. Schade!)
Etwas deprimiert
machten wir uns auf den Weg zu den Autos und fuhren dann zu
unserem nächsten Ziel, einem Bunker bei Ollendorf.
Das ging recht flott und nachdem wir im Schatten der
Windkraftanlage vor Ort geparkt hatten, machten wir uns auf den
Weg durch das kleine Wäldchen. Nur ganz leichtes Gepäck und im
T-Shirt bei sommerlichsten Temperaturen. Da ahnten wir noch
nicht, wie das Wetter ja am Sonntag sein würde...
Auch hier fanden
wir innerhalb von zehn Minuten den Eingang und hatten Glück: Der
Bunker stand weit offen! Für unseren neuesten Mitfahrer ein
Erlebnis – der erste „wilde“ Bunker…
jedenfalls.
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Bei dem Bunker
handelte es sich um einen kleinen „Führungsbunker“ der GSSD
(also der sowjetischen Streitkräfte in der DDR), der wohl in den
80er Jahren aus Fertigteilen errichtet wurde. Es war recht
beeindruckend zu sehen, wie hier quasi im Fließbandverfahren
Bunker errichtet worden waren! Quasi ein Plattenbau unter der
Erde…
(Hurra, endlich ein richtiger Bunker -
damit die Tour den Namen auch zu Recht trägt!)
Mit einer Nutzfläche von
75m² eher eine Mietwohnung unter der Erde war der Bunker nicht
sehr tief angelegt. Eine Etage, neun Räume die in zwei
nebeneinanderliegenden Strängen lagen. Nicht einmal mannshoch,
man musste andauernd den Kopf einziehen in dem Teil. Und: Ohne
Ende voller Mücken. Nicht sehr angenehm!
(Hauptgang des Bunkers, der Grundriss
ist eher übersichtlich.)
Praktisch alle
Metallteile waren entfernt worden, dafür war aber wenigstens
fast keine Graffiti da und auch sonst war er nicht sehr vermüllt.
Es steht zu hoffen, das das auch so bleibt.
(Zugemauerter Nebengang mit
Deckeneinbruch.)
Der Bunker diente als Kommandostelle einer
Flugabwehreinheit, deren Erdstellungen ganz in der Nähe waren.
Wir waren binnen einer knappen halben Stunde komplett durch den
Bunker durch – so viel war ja leider nicht zu entdecken. Dennoch:
Ein kleines Erfolgserlebnis!
(Eines der wenigen erhaltenen
Ausrüstungsteile.)
Zurück ging es dann zu den Autos und weiter
ging die Tour nun Richtung Lehesten. Und damit ein weiteres Mal
ein Fehler in der Planung: Offenbar hatte ich die Fahrtzeit
falsch berechnet bzw. nicht bedacht, das wir in
Windischholzhausen und mit der Apothekenaktion viel Zeit
brauchten. Um 17:30 fuhren wir erst in Ollendorf los gedacht war
die Abfahrt schon um 16:45 Uhr… Wir würden also später erst in
Lehesten sein – kurz beim Hotel Bescheid gesagt das wir eine
Stunde später erst da sein würden und dann ging es los.
Bis uns leider ein Motorradunfall
unterwegs zwang, die Fahrt zu verlangsamen und einen Feldweg zu
nutzen – wieder eine erhebliche Verzögerung. So waren wir dann
doch erst um 20 Uhr (!) am Altvaterturm in der Nähe des Bunkers bei Lehesten
angelangt statt der geplanten 18:30 Uhr.
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(Der Altvaterturm in der Nähe des
Bunkers.)
Entsprechend mussten wir das Programm hier verkürzen. Ohne eine
Karte durch unseren Kollegen Klaus hätten wir den nie im Leben
gefunden! Wir suchten auf dem Gelände eine ganze Weile herum *trotz*
Karte sogar und schließlich fanden wir mehr oder minder durch
Zufall den Bunkereingang.
Der Eingang
ist derzeit mit einer Tanne getarnt, die über dem Loch liegt.
Wer nicht weiß, was da ist, wird den so niemals finden…
(Der gut getarnte EIngang zum Bunker.)
(Hauptgang - relativ wenig
Schmierereien und durchaus gut erhalten das Teil!)
Innen angekommen
war leider das Schott zugemacht. Frust breitete sich aus denn
das sah zugeschweißt aus. Wir wollten schon wieder abrücken als
ich und Tobias noch einen letzten Versuch machten, denn
irgendwie sahen die Schweißnähte aufgemeisselt aus und - dann
bewegte sich das Tor doch wieder!
Wir waren drin!
Schnell die anderen Mitfahrer zurückgeholt und los die
Erforschung des Bunkers. Und die lohnte sich wirklich! Wenig
Schmierereien, viele erhaltene Details und eine beeindruckende
Größe des Bunkers.
Auch dieser Bunker war
ein „Fertigteilbunker“ vom Typ MB3 bzw. MB/BS. Erbaut wurde der
Bunker in den 80er Jahren und war wie der kleine Bunker zuvor
ein Führungsbunker, Unterschied aber: Dieser wurde von der NVA
genutzt und beherbergte wohl eine Funktruppe der DDR Armee. Im
Prinzip ein Tieffliegermeldedienst. Der ganze Komplex bestand
aus einem Gefechtsstand mit Garagenbunker, weiteren
Technikbunkern, einem Turm plus Wachgebäude. 1991 wurde die
Anlage außer Betrieb gesetzt, auf einem Teil des Geländes
tummeln sich nun Amateurfunker.
(Die russischen Filteranlagen - fast
wie neu.)
(Das dürfte due Pumpenanlage der
Ventilation gewesen sein.)
(Der Schimmel hier war bedenklich - da
wären Masken besser gewesen. Lagebesprechungsraum.)
Wir gingen also
langsam und vorsichtig durch die Anlage und staunten durchaus
darüber, wie viel noch erhalten war. Viele, viele Fotos wurden
von allen gemacht und die Erkundung dauerte dann doch noch ein
wenig.
Ein Blick auf die Uhr aber sagte uns: Wir müssen echt los. Und
der lange Fußweg am Turm draußen vorbei zu den Autos (wir hätten
einfach dreist zum Turm fahren sollen um die Tageszeit, aber das
weiß man ja auch erst hinterher…) würde ja auch noch dauern.
(Die Kabeldiebe waren noch nicht da -
soviel Technik ist meistens nicht mehr vorhanden!)
(Die Garagenbunker in denen die
Fahrzeuge standen. )
(Kleine Wandmalerei in einem der
Garangenbunker.)
Also in Rekordzeit (keine 40 Minuten leider!) das ganze Objekt
bewandert, Gruppenfoto gemacht und ab wieder aus der Anlage raus.
Noch den Eingang getarnt und los zu den Autos. Dort schnell die
Schuhe gewechselt und los ging es ins Hotel, was nur 5 Minuten
weg war.
(Die Sitzecke im Offizierscasino lud
nicht mehr zum Verweilen ein.)
(Der Schaltschrank der Elektroräume.)
Dort angekommen schnellstens die Zimmer bezogen und dann erstmal
Duschen gegangen. So schnell es ging sammelten wir uns dann in
der Gaststube und dort wurde uns lecker hausgemachtes Thüringer
Essen serviert und ein kaltes, richtig gutes Bier. Herrlichst.
Alles war gut, nur konnten wir am Tisch nicht ganz frei sprechen
denn wir wollten ja nicht den kompletten Grund unserer Reise
dort kundtun. Also nach zwei Bier und dem Essen dann zusammen
auf das größte Zimmer gegangen und dann setzte eine kleine
Pendeltour nach draußen ein und ich kam mit eiskalten Hansadosen
zurück. Und die gingen weg wie nix… Nach dem kühlen Bier waren
wir dann aber auch alle bettfertig. Noch kurz zuhause abgemeldet
und dann lagen wir alle schnell in Orpheus Armen…
Tag 2 - U-Verlagerung
Rotbutt
Der Morgen graute und das Wetter versuchte
spontan uns von unseren Plänen abzuhalten: Alles grau in grau
draußen und ich meinte bereits, feinen Nieselregen wahrzunehmen.
Aber nichtsdestotrotz machten wir uns auf den Weg nach unten in
die Gaststube, wo ein reichhaltiges, lokales und exzellentes
Frühstück uns erwartete. Nach etwas Kaffee, Brötchen und Rührei
machten wir uns daran, flott in die Autos zu kommen und uns zum
Hauptziel der Tour, der U-Verlagerung Rotbutt zu bewegen. Größere Kartenansicht
In dieser U-Verlagerung
wurden im Wesentlichen die Motoren der V2 getestet, die in Dora
gebaut wurden. Waren diese als funktionierend eingestuft worden,
so wurden diese dann kalibriert und nach Dora
zurücktransportiert zur Endmontage in die Raketen.
Um nun Treibstoff vor Ort zu haben, wurde ein unterirdisches
Werk zur Produktion von flüssigem Sauerstoff (und damit auch
Stickstoff) gebaut. In den Talkessel des Tagebaus wurden
Teststände, Beobachtungsbunker und diverse andere Gebäude gebaut,
die für den Betrieb nötig waren. Das alles wurde innerhalb
kürzester Zeit von KZ-Häftlingen unter schlimmsten Bedingungen
errichtet. Das von uns am dritten Tag besuchte Lager Laura
dokumentiert dies anschaulich.
Nach relativ kurzer Fahrt standen wir dann jedenfalls - an einer
Baustelle?! Hier wird derzeit neu gebaut – das verheißt nichts
Gutes für die Zugänglichkeit der Anlage, denn wo gebaut wird,
fällt einschlägiger Publikumsverkehr auf und dann wird da gerne
mal verfüllt in Deutschland… Die Baustelle war jedenfalls
komplett mit Lastern und Trecker und Bauern ausgestattet –
weswegen wir dann eine großzügige Ehrenrunde einlegten und
besprachen, wie wir weiter vorgehen sollten. Kurz entschlossen
sagten wir uns: 10 Minuten warten und dann nochmal los.
Und tatsächlich: Der Bagger war am anderen Ende der Baustelle,
der Laster und Trecker weg. Freie Bahn also! Wir fuhren über den
Feldweg bis zu einer recht geschützten Stelle, die wir aufgrund
des Kartenmaterials ausgesucht hatten. Dort angekommen kam dann
das traditionelle Umziehen in die Vollausrüstung. Der leichte
Nieselregen machte das nicht sehr angenehm, immerhin tarnte die
Motocross Strecke jegliches Geräusch, das wir machen würden.
Nachdem wir dann in Gummistiefeln, Regenjacken und Rucksäcken
mit Helmen plus Geleucht ausgestattet waren, machten wir uns
pronto auf den Weg.
Fort.
(Dezent verbrochener Durchgang im
Luftschutzstollen)
Es ging einen
Abhang hinunter zu ein paar Häusern die zu dem alten
Bergarbeiterdorf gehörten. Kaum dort angekommen, machten wir ein
Gruppenbild und dann ging es los durch den kleinen
Luftschutztunnel ab in den großen Talkessel, wo die Zugänge zur
Anlage sich befinden. Um 10 Uhr begann so das große Abenteuer
für uns.
(Kurze Zeit später sahen wir wieder
Tageslicht.)
(Geländetechnisch alles andere als
einfach!)
Über einen
ordentlichen und nicht sehr alt aussehenden Verbruch wanderten
wir durch den Tunnel. Viel spektakuläres gab es hier nicht zu
sehen, in der Kammer rechter Hand irritierte uns eine tote Katze
allerdings etwas. Das sah nicht nach „verirrt“ aus. Da schossen
mir doch etwas merkwürdige Gedanken durch den Kopf.
Am Ende teilte sich der Gang, wir nahmen den linken Ausgang, der
recht easy war. Einer nach dem Anderen kam zum Vorschein und nun
wurde die Sache deutlich ernster.
Die an sich gute Beschreibung lautete, das wir hier den Hang
runtermüssten zum Eingang – der sah gar nicht so groß aus,
dennoch nutzten wir der Einfachheit halber eine kleine
Strickleiter um die 2m runter zu klettern. Nun wanderten wir den
Abhang entlang, immer auf der Suche nach dem Eingang. Nur: Wir
fanden lediglich das große stählerne Zuluftrohr, was zwar auch
einen Zugang bietet, aber am Ende halt Akrobatik nötig machen
würde weswegen wir uns das klemmen wollten.
Also: Zurück und überlegt. Und dann fiel es mir auf: Direkt am
Anfang geht es den Abhang noch weiter runter und nachdem wir
diese hakelige Rutschpartie geschafft hatten, waren wir endlich
am richtigen Eingang zur B-Sohle angelangt.
(Weiter unten ging es fast schon
wieder...)
Dort angelangt
waren wir bald schon am unteren Ende des Zuluftrohrs angelangt.
Vor Jahren hatte ich gelesen, wie sich die mehr oder minder
ersten Erforscher das Systems, die das auch publizierten, sich
durch das Rohr gequält hatten um die Anlage zu erforschen – wie
die sich danach gefühlt haben müssen, als sie den ebenerdigen
Ausgang fanden, mag ich fast nicht zu beschreiben… Jedenfalls
machten wir uns auf den Weg durch die gigantischen Kammern der
Anlage.
(Einbauten im Gang die noch erhalten
sind.)
(Der Hauptgang der B-Sohle in einer
Langzeitbelilchtung. Der Schiefer schluckt ohne Ende Licht..)
Wirklich viele
Überreste sah man hier bis auf den Raum mit dem großen Rohr und
ein oder zwei anderen Stellen eigentlich nicht, dennoch
faszinierte alleine die Größe. Der dunkle Schiefer schluckte
unglaublich viel Licht, so dass es nötig war, längste
Belichtungszeiten zu nutzen um brauchbare Bilder zu bekommen.
Leider waren hier schon einige Schmierereien zu sehen, warum man
das macht, bleibt mir wie immer ein Rätsel.
Nachdem wir das System bis zum Ende erkundet hatten, ging es
zurück ans Tageslicht. Keine Dreiviertelstunde hatte es bis
dahin gedauert, das meiste an Zeit ging für die
Langzeitbelichtungen drauf.
(Eine der wirklich gigantischen
Kammern der Sohle. Locker 20m hoch.)
(Das große Zuluftrohr, das ca. 1m weg
von der Kante über einem 3m Abgrund hängt. Da kann man
rausklettern, muss es aber zur Zeit nicht. Ein Glück.)
(Das Fundament des alten Kühlturms.)
Nächstes Ziel war dann die Startrampe für die
Reichsflugscheiben… also… ich meine natürlich das Fundament des
Kühlturms. Dieses wurde wohl später noch von den Kindern aus der
Umgebung als Waldschwimmbecken genutzt, bis es wohl mal einen
Unfall gab. Kann ich mir gut vorstellen, denn sicher sah der
nicht aus. Man hat an einer Ecke ein Loch hinein gebrochen,
damit das meiste Wasser nicht mehr drin bleibt. Die Suche nach
dem nächsten Eingang war etwas schwierig, da die Karte nicht
soooo genau war. Wir machten kurz Rast unter einem riesigen
Felsüberhang, der uns auch eine Nieselregenpause bereitete.
Kurzes Snack Essen und Wasser tanken und dann ging es auch schon
weiter.
(Eingangsbereich des
Kühlwasserstollens - erfordert durchaus eine gewisse Suche im
Gelände.)
Daran anschließend ging
es zum Tunnel, den „Wasserstollen“. Durch diesen führten
Rohrleitungen zum Teststand wo die Raketenmotore getestet wurden.
Das war eine etwas intensivere Wanderung, denn das Wasser im
Tunnel war hoch und die Sicht zum Boden nicht wirklich gegeben
sobald der Erste der gruppe durchgewandert war. Nach einiger
Zeit waren wir durch den ersten Teil hindurch, bis auf die
Betonlagerungen der Rohre war hier nichts mehr drin. Der zweite
Teil, durch ein kleines Loch in einer Mauer begehbar, war auch
nicht viel Spannender – bis darauf, das man am Ende an einen
Übergang kommt, wo die Wasserrohre nach unten verschwinden. Das
war aber so rutschig, das wir hier nicht runtergeklettert sind.
Also: Retour das Ganze.
(Etwas Licht half - rechts die
gemauerten Halterungen der Rohrleitung zum Kühlwasserbecken.)
(Der lange Marsch durch den nassen
Stollen.)
(Der dann hier vorerst endete - ohne
unsere Leiter kamen wir hiernicht runter und nach Plan enden die
Gänge blind. Ich gehe davon aus, das von hier aus die großen
Kompressorhallen die eine Sohle tiefer links und rechts unter
uns lagen mit Wasser bedient wurden.)
Nach einiger Zeit
kamen wir aus dem Tunnel heraus und sind dann weiter durch den
Wald gewandert, immer am Abhang entlang. Und nach einiger Zeit
und diversen Irrwegen fanden wir dann noch ein kleines Loch,
gegenüber des Kühlbeckens, das ich auf der Karte eindeutig
zuordnen konnte. Wunderbar! Das andere Ende des Stollens – den
wir prompt erforschten. Was allerdings nicht lange dauerte, denn
direkt nach der ersten Kurve standen wir genau an der anderen
Seite des steilen Lochs wo die Rohre nach unten verschwanden.
(Kurze Momentaufnahme im Tunnel - an
solchen Stellen kommt man durchaus auf doofe Gedanken mal.
Letztlich bin ich nicht runtergeklettert.)
(Der Tagebruch. Spektakulärer Anblick!)
Soweit so gut –
die B-Sohle war damit bis auf den „Kabelstollen“ komplett
erwandert. Wir marschierten nun Richtung Tagebruch, an dessen
Boden ein See sich gebildet hatte. Dort irgendwo soll doch der
Zugang sein zur nächsten Sohle? Wir fanden dann auch einen
Zugang – doch das war der zum Kabelstollen, der soweit unter
Wasser stand, das wir dort dann doch nicht weiter rein sind
vorerst.
In dem Moment erspähten wir eine weitere Befahrergruppe, die
sich auf der anderen Seite des Sees an den Abstieg machten und
im Berg verschwanden. Also da war der Eingang… und nun machte
auch die Beschreibung von Klaus Sinn, denn wir standen
nichtsahnend AUF der von ihm beschriebenen Rampe runter zum See
und hatten sie daher nicht gesehen.
(Der zweite Teil des
Kühlwasserstollens - nur der Vollständigkeit halber.)
(Aussen am Ende dann das grosse
Kühlwasserbecken.)
Also ab nach
unten, durch den Matsch, rüber zum Eingang. Da die andere Gruppe
nun schon weg war, haben wir kurz die Helme etc. aufgesetzt und
uns erst dann in den Berg aufgemacht. Man möchte einander ja
nicht unbedingt im Weg sein…
Im Berg dann angekommen, kündeten die Schmierereien davon, dass
wir auf der richtigen Sohle sind. Immerhin. Tiefer ging es in
den Berg und hier waren die Kavernen wahrhaft gigantisch. Die
Pfeiler waren fast 2m dick und sicher um die 20m hoch - auf
Fotos kommt das so oft überhaupt nicht rüber, das muss man in
der Tat einfach selber gesehen haben! Aufgrund der bröselnden
Decke und da die Pfeiler teilweise in der Luft „schwebten“,
sprich, nur noch von der Stahleinlage an Ort und Stelle gehalten
wurden, traute sich niemand, sich neben den Pfeiler zu stellen
als Größenvergleich.
(In der ersten großen Kammer der D-Sohle.
Die Decke bitte in doppelter Höhe dazu denken.)
(Die gigantischen Säulen in der Kammer
rechts neben dem Eingang. Rund 20m hoch - sieht aus, als ob es
nur Stelzen einer Tiefgarage sind.)
Wir machten uns
langsam auf den Weg tiefer in das System und erforschten Kammer
nach Kammer. Schon bald ging es nach einer Kletterpartie etwas
nach oben und wir standen in dem Raum, dessen Bild bei mir der
Anlass war, unbedingt hier einmal hin zu fahren. Gigantische
Stahlträger waren von titanenhaften Kräften verbogen worden, als
die Sowjets in den 40er Jahren die Anlage zu sprengen suchten.
Man fühlte sich sehr, sehr klein in den Hallen. Jeder Schritt
musste bedacht werden, überall loses Gestein – das war kein
einfacher Ausflug mehr.
(Eine der Hallen des Sauerstofffabrik.
Torpedonetzreste gegen Schieferbruch und titanenhafte
Stahlträger am Boden.)
(Vorsichtiges Vorantasten in der
Anlage.)
(Die Riesenhaftigkeit ist auf Bildern
kaum zu erfassen. Ausleuchten war eine Herausforderung.)
Wir waren beeindruckt und erschüttert. Die
neuen Mitfahrer konnten das fast nicht fassen, was man so noch
versteckt unter der Erde findet und auch ich war ziemlich weg.
So ein Erhaltungszustand ist ansonsten in Deutschland nicht mehr
oft zu finden. Es steht zu hoffen, dass es noch recht lange so
bleibt.
Der Weg führte uns weiter entlang der Hauptgallerie in die
Stollen und Kammern der U-Verlagerung. An einem kleinen
Wasserbecken ging es vorbei, als wir Stimmen hörten. Eine
dreiköpfige, freundliche Befahrergruppe kam uns entgegen die
schon länger im System waren.
(Warum auch immer man zigtausend
Pfeile an die Wände sprühen muss...)
(Ein Wasserbecken unbekannter Funktion.)
(Der Hauptstollen - kurz bevor wir die
dritte Gruppe trafen. )
Man unterhielt sich ein paar Minuten,
tauschte sich aus über die Sohlen und was wo zu sehen sei (auch
bei ihnen war Sohle F als zu unsicher eingestuft worden) und
dann gingen wir weiter.
Nur wenige Minuten später waren wir dann an den Kompressorhallen
angekommen, wo auch der Zugang zur Sohle F ist. Es ist immer
eine Sache, im Netz davon zu lesen „hier muss man sich ein paar
Meter abseilen“ – und dann steht man selber an dem Loch,
leuchtet hinunter und kann keinen klaren Boden erkennen: Nein,
da seil ich mich auf keinen Fall dran ab. Runter ginge es
vielleicht noch, aber wieder herauf…? Da muss man einfach seine
Grenzen erkennen und das anderen überlassen. Es geht halt nicht
alles, was man gerne möchte.
Wir erkundeten also lieber weiter die D-Sohle und wanderten bis
an das Ende der Kompressorhalle. Dort war dann leider Schluss,
ein Zugang zu den Brennständen etc. war von hier aus weder zu
erkennen noch offenbar möglich.
(Die Übergang zur F-Sohle. 10m (?) senkrecht
runter - ohne mich.)
(Die Größe der Anlage wird in den
teilweise noch ausgemauerten Hallen deutlich.)
(Das Ende der Hallen.)
Rückwärts ging es nun,
ich hielt dabei an einem der Schrägstollen an und ging/rutschte
den bis nach oben zum Ende hoch, nur um festzustellen, dass der
blind endete. Wurden die Stollen hier nie beendet? Oder später
absichtlich verschlossen? Jedenfalls war mir nun klar, wofür auf
der Karte das „HB“ stand: Holzbalken würde ich sagen. Nur „LF“…?
Und „ÜH“? Das ist noch zu klären.
Flott ging es wieder zurück zum Rest der Gruppe. Der Weg führte
uns nun weiter, zurück zu den großen Hallen die wir am Anfang
gesehen hatten. An diesen vorbei ging es zu den Aborten und zum
nun verschütteten zweiten Eingang der Anlage. Hier war nicht
mehr sehr viel zu sehen, dennoch machten wir uns mutig auf den
Weg und bahnten uns durch den Matsch einen Weg.
(Der Berg arbeitet - das war einmal
der zweite Eingang zur Sohle.)
(Diese "Rutschen" stammen vermutlich
aus Schieferbergwerkszeiten zum Materialtransport. Zu rutschig
um sie ohne Ausrüstung zu erklettern.)
(Die zweite riesige Kammer.)
An Stapeln gammelnden Holzes vorbei und mit Sicht auf diverse
kleine Verbrüche machten wir uns zum Schluss noch in die letzte
große Halle auf, die ich zuvor verpasst hatte. Und diese war
noch einmal richtig beeindruckend. Nicht zuletzt der „schwebende
Brocken“, der in einem alten Torpedonetz von der Decke hing,
faszinierte. Man kann es kaum beschreiben wenn man in diesen
sinistren Hallen von der Größe einer mittleren Fabrikationshalle
steht, aber über sich dutzende Meter festen Gesteins weiß.
(Die Torpedonetze an den Decken
machten die Atmosphäre sehr unwirklich. )
(Die Riesenhaftigkeit ist auf Bildern
kaum zu erfassen. Ausleuchten war eine Herausforderung. Überall.)
(Die Auswirkungen der Sprengungen sind
unglaublich. In der MItte ein gigantischer Sockel.)
(Die geborstenen Strukturen der
dritten Kammer.)
Letztlich führte uns der Weg dann doch wieder zum Ausgang. Nach
über zwei Stunden am Stück in der Anlage waren wir etwas
matschig. Doch noch war der Tag nicht zu Ende – wir versuchten
als nächstes, in den Kabelstollen vorzudringen. Leider stand
dieser schon nach 50m so tief unter Wasser, das hier ohne
Wathose kein Weiterkommen war. Da ich der Einzige damit war und
ein Soloabenteuer hier viel zu gefährlich ist, brachen wir die
Aktion ab, machten nur einige Fotos und machten uns dann auf den
Weg zurück zu den Autos für einen kleinen Snack und dann um die
Gebäude des Dorfes zu sehen plus die Telefonzentrale nebst dem
kleinen Stollen dort.
(Der "Gifttank" im Kabelstollen - ab
da wurd es ohne Wathose zu tief.)
Auf dem Weg zum Auto trafen wir noch
einmal die dreiköpfige Gruppe – und stellten fest, dass unsere
Strickleiter weg war. Die Drei meinten noch, sie hätten eine
alte Leiter vorhin in einer Grube liegen sehen, aber da wir
nicht die riesige Lust hatten, den Hang nochmal komplett runter
und hochzuklettern haben wir sie zurückgelassen. Unschön, aber
wir ärgerten uns doch darüber, dass offenbar die große Gruppe
unser Equipment so behandelt hatte. Das macht man nicht und es
macht weiter mißtrauischer gegenüber anderen Befahrern von
solchen Systemen.
Durch den Tunnel ging es nun wieder zurück und ab zu den Autos.
Der Regen war auch wieder da – wie schön… Dort angekommen haben
wir dann erst einmal was gegessen und getrunken. So gestärkt
haben wir die schwere Ausrüstung weggepackt und nur das nötigste
mitgenommen. Auf ging es nun den Weg entlang zum Dorf. Auf dem
Weg dorthin kam noch ein Auto hinterher – Gruppe 4 an Besuchern
heute. Der reinste Freizeitpark scheint es – vor zehn Jahren war
man noch überall alleine und wochenlang waren Objekte unberührt
und heute sind an einem Tag 30 Mann vor Ort. Nun ja.
(Der steile Stollen unter der Villa.
Ein Abstieg der nicht wirklich nötig war...)
An der großen Villa angekommen machten wir uns auf den Weg
ins Innere. Nach kurzer Zeit schon fanden wir den Eingang in das
kleine Stollensystem und natürlich nutzten wir den schweren
Abstieg über den steilen Stollen nach unten. Das war mit zehn
Mann ganz schön haarig, da die abrutschenden Schiefersteine ganz
schön nach unten sausten. Handschuhe und Helme waren hier
absolut wichtig. Aber wir kamen gut unten an, auch wenn das
Geländer völlig im Eimer war am unteren Ende. Unten angekommen
sah ich als erstes den ebenerdigen Ausgang neben uns. Wie… schön.
Wir gingen also rüber zur Telefonzentrale, fanden aber nur einen
wirklich leergeräumten Raum vor. Das war eher weniger lohnend.
Der Weg zum Talkessel war auch hier zu. Also wieder zurück und
uns den Aufstieg zum Lehrlingswohnheim angesehen und spontan
entschlossen, das wir uns den mal klemmen. So führte uns der Weg
über den ebenerdigen Ausgang hinaus und wir sahen uns noch die
diversen Gebäude auf dem Rückweg an. Hier boten sich viele
schöne Fotomotive und so manches Mal ertappte ich mich dabei,
dass es hier wirkte wie in der TV Serie „Nach den Menschen“ oder
aus „28 days later“. Unglaublich. Eine gewisse Schönheit des
Verfalls.
(Die Wand beult sich bereits gewaltig nach innen.)
(Und auch die Decke sah nicht wirklich
vertrauenserweckend aus...)
(Daher freuten wir uns auf das
Tageslicht am Ende des Tunnels.)
Im (Überraschung!) Nieselregen ging der Weg dann zurück zu
den Autos und da wir fix und alle waren, haben wir uns dagegen
entschieden, heute noch zur Gedenkstätte zu fahren. Stattdessen
ging es ins Hotel, wo ein Grillabend auf uns wartete. Flugs zu
den Autos, dort umgezogen soweit möglich und ab ging es zum
Hotel, die Sachen im Kofferraum abgetarnt und dann erstmal
geduscht.
(Das sah echt nach 28 days later aus.
Welt ohne Menschen. Zombieapokalypse.)
(Oder Half-Lif 2.
)
(Oder gar nach Stalker.)
Bei dem Sauwetter hatten die
Herbergseltern für uns draußen alles in einer Hütte aufgebaut,
es wurde frisches Bier gereicht – herrlich. So könnte es gerne
öfter gehen! Das Essen war lecker und reichlich, die Getränke
hervorragend und der Abend wäre sanft ausgeklungen – wenn wir
nicht noch eine Sonderführung durch das Dorfmuseum bekommen
hätten!
Man öffnete kurzerhand für uns das Museum und wir konnten recht
lange uns alles ansehen und viele Geschichten um das Dorf
erfahren. Fast schon etwas zu viele Geschichten und auf manchem
Zeitungsausschnitt sahen wir dann auch die Hintergrundgeschichte
um das Hotel wo wir übernachteten. Dass man an der „Zonengrenze“
wenig Tourismus hätte, war klar – so musste man sich hier wohl
lange als Systemträger nützlich machen (Veranstaltungssaal war
ja da für die lokalen politischen Veranstaltungen) und als
Kneipier hörte man natürlich alles aus dem Dorf. Andere Zeiten
waren das und ich bemühte mich darum, niemanden für ihr
Verhalten zu verurteilen.
Nachdem wir also viel erfahren hatten und sogar eine Runde
Schiefer schneiden durften, ging es zurück und nach ein paar
Bier waren wir soweit, ins Bett zu gehen. Letzter Vorschlag von
„IM Schieferplatte“ wie wir intern ein wenig witzelten war,
morgen die Gedenkstätte bei Abfahrt zu sehen. Warum nicht,
dachten wir uns – das wird ja nicht lange dauern… Und damit lag
eine weitere erholsame Nacht vor uns, wir entschlossen uns zu
etwas späterem Aufstehen um Fit und Aktiv zu sein.
Tag 3: KZ
Gedenkstätte Laura und U-Verlagerung Anke
Der Wecker
klingelte nicht zu früh und wir machten uns nach der
Morgentoilette auf in den Gastraum. Wieder gab es ein leckeres
Frühstück, frischen Kaffee und so gestärkt machten wir uns daran,
die Autos zu beladen. Was die Abfahrt leider etwas verzögerte
war, das wir noch die Zimmer bezahlen mussten. Machen wir das
sonst per zentraler Kartenzahlung und dann Überweisung an mich
hinterher, war hier Barzahlung gefragt. Das komplizierte es doch
etwas und so rückte der Stundenzeiger deutlich vor. Aber
irgendwann war auch das erledigt, wir verabschiedeten uns
herzlich vom Hotel plus Eignerfamilie und machten uns auf den
Weg. Zum Hotel noch kurz: Was ich nochmal ausdrücklich loben
will: es ist günstig, gut, der Grillservice war Rakete, die
Zimmer das Sauberste was ich je erlebt habe, es ist dicht am
Zielort dran – alles gut. Nur eben die Ausnahme das wir
auffällig oft und intensiv nach Sinn und Zweck unserer Reise und
Herkunft gefragt wurden (Coverstory war Geocaching und Wandern
des Computervereins zum Altvaterturm und zum Schiefermuseum plus
eben dem Bergarbeiterdorf, was jetzt auch extrem dicht an der
kompletten Sache dran war). Sonst war das richtig Klasse.
Empfehlenswert!
Also: Los ging es
und um kurz nach 10 Uhr waren wir dann an der Gedenkstätte. Hier
trafen wir dann auch bald eine kundige junge Dame, die uns alles
zeigte und erklärte. Wenn wir nur uns umgeschaut hätten, wären
wir wohl in 30 Minuten durch gewesen – so dauerte der durchaus
interessante Besuch aber mit Filmvorstellung und ausgiebiger
Tour durch das ehemalige Lager immerhin fast anderthalb Stunden.
Das würde später leider etwas zum Problem werden.
(Plan des Aussenlagers.)
(Blick auf den wieder aktiven
Steinbruch. Die Betonstruktur in der Mitte ist der Rest eines
Teststands.)
(Reste eines V2 Motors in der
Lagerbaracke.)
Dennoch: Eine interessante Führung
durch ein Außenlager des KZs. Das Thema war jedenfalls sehr
ernüchternd und ich muss in der Retrospektive feststellen, das
es wirklich sinnvoll war, das noch mitzunehmen. Es setzt
wirklich den zweiten Tag der Tour in die richtige Perspektive,
denn so beeindruckend die Technik unter der Erde auch war – hier
wurden Menschen vernichtet für ein Wahnsinnsprojekt und das muss
man sich immer wieder vor Augen führen.
Nachdem wir also die Führung mitgemacht hatten und das Lager
nebst Außengelände erkundet hatten, machten wir uns auf den Weg
zum nächsten Tagesziel, der U-Verlagerung Anke. Doch auf dem Weg
dahin mussten wir erstmal Tanken. Diese Aktion war leider ein
ziemliches Desaster, da es in Lehesten keine Tankstelle gab.
Erst zwei Orte weiter und damit fast zwanzig Minuten Fahrtzeit
später tauchten wir dann an einer Tankstelle auf. Und: Nun
setzte Schneetreiben ein. Von T-Shirtwetter am Freitag bei über
20C zu Schneefall am Sonntag – unglaublich.
(gut, das ich die Winterreifen noch
drauf hatte..)
Schlimmer noch: Die Straße zu Anke war gesperrt und die
Umleitung elendig lang. Weit über eine Stunde brauchten wir, bis
wir endlich am Ziel waren statt der geplanten knapp 25 Minuten.
Was ein Ärger! Am Ende wären wir fast noch mit den Autos
festgehangen, da der auf der Karte verzeichnete Weg nur noch ein
Fußweg war statt einer Straße und zudem im Wald gar nicht mehr
vorhanden war!
Größere Kartenansicht
Aber der Reihe
nach:
Flugs zogen wir uns für die Exkursion gut getarnt unter einer
großen Brücke um und machten uns auf den steilen Weg zu den
Stollen auf. Zunächst den engen Fußweg entlang, dann querfeldein
weiter um auf den auf der Karte vorhandenen Waldweg zu kommen.
Den hatte es dort wohl auch irgendwann mal gegeben – aber heute
ist davon kaum noch was zu sehen. Hier ist jedenfalls jahrelang
keiner mehr her gefahren und auch zu Fuß scheint den Weg kaum
einer zu nehmen. Wir marschierten fast eine halbe Stunde lang
durch den Wald und dann kamen wir endlich an den Resten des
kleinen Kinderferienheims an. Das Schwimmbecken sahen wir als
Erstes, dann das Gebäude und dann den ersehnten Zugang zur U-Verlagerung.
Der stand durchaus unter Wasser, aber mit Gummistiefeln war das
kein Thema.
(Zugang zum Stollen in dem die U-Verlagerung
gebaut wurde.)
(Auf dem Weg in das Innere der Anlage
- überall Schienenreste.)
(Ein wunderbar blau leuchtender Tümpel
in der Anlage.)
Helme auf, Licht
an, Kameras raus und dann ging es ab in den alten
Schieferstollen.
Bei der U-Verlagerung handelt es sich um eine alte Schiefergrube,
in der ab November 1944 eine unterirdische Fabrik einziehen
sollte. Bis zum Abbruch der Arbeiten im Februar 1945 wurden
Stollen erweitert, Gleise gelegt und die Bewetterung der Anlage
erweitert. In der unterirdischen Fabrik sollten Torpedos (!)
gefertigt und gelagert werden, sowie Mehrspindelautomaten der
Werkzeugfertigung untergebracht werden.
So wie sich die
Anlage heute darstellt, ist nichts davon wirklich umgesetzt
worden sondern es blieb bei den „Vorarbeiten“.
Zu dem System sind im Netz nicht wirklich gute Karten zu finden,
auch die Informationen sind eher spärlich. Fotos findet man
reichlich, aber für einen schnellen Besuch war das hier etwas
schwieriger. Mit den Koordinaten versehen fanden wir die
wichtigste Sohle dennoch gut.
(Die Leiter am Ende des Raums hatte es
hinter sich.)
(Tunnel nach Tunnel!)
(Diverse Reste der Einbauten.)
(Und auch das: Eine Bergmannstoilette.
Benutzt natürlich.)
Auf ging es in
das dunkle und nasse System. Schon bald trafen wir auch hier auf
enorm große Kavernen die in den Felsen gehauen wurden. Die
Orientierung war fast durchgehend sehr einfach, da die Anlage
fast durchgehend linear aufgebaut ist mit einer Schleife fast am
Ende (oder zumindest einer großen Verzweigung). An klaren
Tümpeln vorbei ging der Weg über die alten Gleise in den Berg.
Immer wieder sind kleine Reste der Einbauten zu entdecken,
Wasser oder Pressluftleitungen sind in Resten erhalten und die
Gleise sind noch vorhanden.
Nach einiger Zeit fanden wir dann die Sprengkammer der Anlage,
aber auch hier war nicht viel erhalten – dafür war natürlich ein
Geocache vorhanden. War ja klar…
Auch ein Bergarbeiter Abort tauchte aus dem Dunkel auf – nun,
auch das gehört zu unseren Touren ja jedes Mal dazu.
(Ein richtig dicker Stein, der
farblich irgendwie nicht ins Bild passte. Hier war Schluß mit
der Anlage - oder was verbirgt sich hinter dem Verbruch links?)
(Nicht ungefährlich die Anlage - hier
wurde es extrem instabil.)
(Eine der Rutschen aus Holz die wir
fanden. Dahinter war aber Schluß in der Anlage.)
Ein Raum
faszinierte durch eine steile Leiter an der Wand – diese war
aber in so schlechtem Zustand, dass man sie nicht mehr
erklettern sollte. Ein Kühlwassertank war noch vorhanden, es
steht zu vermuten dass hier eine Fertigung hätte einziehen
sollen.
An einer späteren Stelle, kurz vor dem einen Ende der Anlage,
standen wir vor einem riesigen weißen Findling, der von der
Decke abgestürzt schien. Das führte uns wieder vor Augen, wie
bröselig diese Anlagen heute sind. Wir gingen also zurück zur
großen Abzweigung und erkundeten die andere Hälfte der Anlage.
Noch bröseligere Decken, weggefaulte Holzstempel – das mulmige
Gefühl „demnächst ist hier Ende“ machte sich breit. An einem
Röhrenlager vorbei führte uns der Weg immer weiter in den Berg
hinein bis wir irgendwann in einer Sackgasse landeten.
Hier machten wir dann kehrt und schauten uns auf dem Weg nach
draußen noch eine der Holzrutschen an, die im Bergwerk zu finden
waren. Danach ging es aber Richtung Ausgang.
(Und noch mehr verbochene Gänge - es
wurde Zeit zu gehen, fanden wir.)
(Auf dem Rückmarsch zu den Autos, quer
durch den Wald.)
Kaum draußen, kam
eine zweite, kleine Befahrergruppe nach, die etwas erstaunt war,
wie viele wir wären. Kurz verabschiedet und auf die Uhr geschaut:
Eine halbe Stunde hätte nur gereicht, den Eingang der nächsten
Sohle zu erkunden also zogen wir vor, lieber uns auf den Rückweg
zu machen. Etwas schade – hätten wir nicht den Riesen Umweg
fahren müssen durch die Straßensperrung, den Zeitverlust durchs
Tanken noch dazu gehabt, dann hätten wir locker zwei Sohlen
schaffen können. Aber die interessanteste Sohle haben wir
gesehen, das ist auch schon was.
Wir gingen also den langen Weg zurück, der Schnee war weg und
die Temperaturen stiegen langsam wieder. Den steilen Abhang
kamen wir mit Ach und Krach gut runter und an den Autos
angekommen, zogen wir uns wieder zivil um, verabschiedeten uns
voneinander und dann – ging es schon pünktlichst auf die
Rückfahrt. Die war wieder völlig ereignisarm und zur freudigen
Überraschung der Familie waren wir keine 5 Minuten nach Plan
sonntagabends wieder zuhause. Rechtzeitig, um
Gutenachtgeschichten vorzulesen und dann nach einer kleinen
Dusche das Auto auszuräumen und die Reise kurz vor dem inneren
Auge Revue passieren zu lassen.
Viel gesehen, wie immer nicht alles geschafft – aber ein
spannendes Wochenende verlebt. Kostentechnisch habe ich die Tour
nicht aufgedröselt, denn als werdender Vater habe ich den
Grillabend am Hotel ausgegeben – da wir mit drei Autos unterwegs
waren, wurden die Fahrtkosten „intern“ aufgeteilt und die
Zimmer/Essen/Getränke vor Ort zahlte dieses Mal jeder selber.
Ich denke aber dass wir pro Person wieder bei ca. 100-120Euro
gelandet wären, wobei der Sprit wie immer das Teuerste war.
Und wie immer: Nach der Tour ist vor der Tour. Der Plan, wo es
2017 hingehen könnte, entwickelte sich bereits im Rahmen dieser
Tour und ich freue mich schon darauf, wieder mit so netten
Leuten ein Wochenende auf „Bunkertour“ zu gehen. Auch wenn es
2017 eventuell eine Tour ganz ohne Bunker werden könnte, so wie
es ausschaut…
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