bullet Bunkertour 2016
bullet NVA- und GSSD Bunker, Deutschland
bullet Dora und andere U-Verlagerungen, Deutschland
 
 NVA- und GSSD Bunker sowie U-Verlagerungen, Deutschland

 

And now for something completely different…


So begann letztes Jahr eigentlich schon auf der Rückfahrt von der Bunkertour der Denkprozess, wo es wohl 2016 hingehen sollte. Nicht schon wieder Frankreich, Belgien wäre eine Option oder doch Niederlande? Aber nachdem ich einige der kleinen Bunker in den Niederlanden gesehen hatte, war klar das das nicht das Ziel einer Großen Tour sein würde. Vorerst jedenfalls.


Blieben die ganzen Berichte über riesige, relativ gut besuchbare U-Verlagerungen in Ostdeutschland und natürlich noch die NVA und GSSD Bunker dort. Die Fahrtzeit wäre auch nicht sooo lang und sprachtechnisch endlich mal alles easy? Der Plan reifte in den kommenden Monaten heran und die Recherche begann dieses Mal richtig früh. Und nachdem dann klar war, das ich nochmal Papa werden würde, war auch der Termin schnell gefunden: Es muss schon im April losgehen damit wir keine Fledermäuse mehr stören würden aber noch nicht der Nachwuchs schon vor der Tür stände.


Nachdem sich dann auch noch eine recht große Gruppe anschickte mit zu kommen, wurde die Planung noch etwas verfeinert und angepasst. Am Ende sah der durchaus straffe Plan vor, am ersten Tag von Unna und Beckum aus nach Nordhausen zu fahren, sich dort die KZ-Gedenkstätte Dora anzusehen, am Nachmittag dann zwei oder drei Bunker rund um Erfurt zu erkunden und dann abends vorm Einchecken ins Hotel noch ein Anlage bei Lehesten sich anzusehen. Am zweiten Tag würden wir uns ausschließlich die U-Verlagerung Rotbutt ansehen um dann am letzten Tag noch die U-Verlagerung Anke zu erkunden. Sollten wir Zeit haben, wäre noch das Außenlager Laura in Lehesten als Ausweichziel da und noch eine weitere Schiefergrube in der Region.
Soweit der Plan und der ist dieses Mal auch relativ genau umgesetzt worden. Wir haben nicht alles zeitlich geschafft und am letzten Tag hatten wir dann nochmal etwas Pech, aber insgesamt klappte die Tour recht gut. Das Wetter hingegen war extremst – wir begannen mit Jeans und T-Shirt Wetter, gingen dann über andauernden Nieselregen hin zu Schnee (!) am letzten Tag. Das hatten wir so auch noch nicht – April eben.
 

 

Tag 1 - Gedenkstätte Dora, Bunker in Windischholzhausen, Ollendorf und Lehesten

Los ging die Tour dieses Mal an einem Freitag um dichten Verkehr zu vermeiden, was auch klappte. Wir kamen ziemlich pünktlich in Beckum los, fuhren allerdings mit einem Auto mehr als gedacht, da das Gepäck sich kaum anders verteilen ließ. Da muss optimiert werden für kommendes Jahr, denn so gingen die Kosten merklich nach oben.
Wir bügelten also im Konvoi über die Autobahn nach Osten, mit den Funken an Bord war das Konvoi fahren durchaus gut machbar. Und tatsächlich – wir kamen mit einem brauchbaren Vorsprung auf den Terminkalender bei Dora an nur: Alex und sein Bruder waren noch nicht da. Diese riefen uns an, das sie noch im Stau stecken würden. Bei der Anfahrt nicht überraschend. Also nahmen wir erstmal ein spätes Frühstück auf dem Parkplatz ein und just als wir damit durch waren, kam unsere Verstärkung aus Süddeutschland dazu. Hervorragend! Kurze Begrüßung, ein kleiner Snack und ab zum Besucherzentrum. Dort warteten wir draußen auf die nächste (nebenbei kostenlose) Führung. Selbstverständlich haben wir erstmal eine Spende in die Box geworfen, denn das sollte das Mindeste sein.


 


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Nach kurzer Wartezeit wurde die Gruppe der Wartenden draußen immer größer und schließlich kam ein freundlicher Herr dazu, der uns in den folgenden zwei Stunden Dora zeigen würde.
Zur Geschichte von Dora kann ich guten Gewissens auf den Wikipedia Artikel verweisen, sonst würde die Beschreibung hier völlig den Rahmen sprengen:
https://de.wikipedia.org/wiki/KZ_Mittelbau-Dora


Die Reihenfolge der Tour war nebenbei absichtlich so geplant. Die U-Verlagerungen die wir sehen würden, sind ja von KZ-Häftlingen aus Dora errichtet worden – wir würden also abgesehen von den NVA Bunkern das ganze Wochenenden lang in gigantischen unterirdischen Gräbern und Todesfabriken (die V2 tötete mehr Menschen durch ihre Produktion als durch ihren Einsatz!) unterwegs sein. Entsprechend habe ich es für wichtig erachtet, das wir zum Einstieg uns alle damit vertraut machen würden, was das in letztlicher Konsequenz für die Häftlinge bedeutet hat.


Die Atmosphäre auf dem Gelände war jedenfalls sehr beklemmend. Strahlender Sonnenschein und mildes Wetter und man war umgeben von Zeugen tausendfachen Todes und Terrors. Die Führung begann mit einer Erläuterung zur Geschichte der Lager allgemein und dieses Lagers im Besonderen. Wir gingen langsam den Weg vom Besucherzentrum rüber zum Appellplatz und lauschten den Ausführungen unseres kundigen Betreuers. Aus Pietätsgründen sah ich davon ab, hier viele Bilder zu machen.


(Ansicht des Geländes in Richtung Lagertor und Appellplatz.) 

An den Fundamenten der Bahn und der Gebäude vorbei ging der Weg langsam in Richtung des Stollens, in denen die Häftlinge gezwungen wurden die V2 und auch V1 zu bauen.

 


(Eingangsbereich in die Stollen. Links alter, verschütteter Eingang, Mitte der Neue.)  

Im Tunnel selber war die Atmosphäre genauso beklemmend wie draußen – nur das hier nicht einmal freundliches Sonnenlicht herrschte. Wir erfuhren Details zu den Bedingungen und Umstände, unter denen die Produktion lief. Die Tunnel wurden nur dezent ausgeleuchtet, eine gute Idee, die noch einmal deutlich machte, wie es hier ausgesehen haben dürfte.


(V2 Antrieb der im Stollen geborgen wurde. Im Hintergrund der verschüttete südliche alte Eingang.)


(Zeigt die massiven Dimensionen der unterirdischen Anlage. Rechts über die Treppe und Steg geht der Besucherpfad.)

Wir gingen mit der Führung langsam durch den öffentlichen Teil des Tunnelsystems. Leider sind nur 2% des Systems so begehbar – der Rest ist zwar größtenteils noch da, aber leider nicht mehr begehbar, da massiv überwacht und auch verschlossen. Aber auch so gibt es meiner Meinung nach genug zu sehen.
 

(Blick den Besucherpfad entlang. Das ist nicht einmal ein Hundertstel der Anlage.)  

(Ringsum Trümmerteile und Produktionsreste. Laut unserem Guide sieht der nicht öffentliche Teil genauso aus.) 

 

Nachdem wir den teilweise überfluteten Teil gesehen hatten, ging es mit der Führung zurück zum Ausgang. Nach kurzer Verabschiedung und Aufwärmen in der Sonne schlenderten wir dann zu den Autos zurück. So richtig nach Essen war uns eigentlich nicht zu Mute, aber dennoch stillten wir den Hunger mit ein paar Brötchen und Snacks. Dann verteilten wir die Pläne und sprachen den Rest des Tages durch. 


Da es bereits kurz vor 14 Uhr nun war, beschlossen wir den ersten Bunker zu überspringen, da wir mit der Fahrtzeit nach Erfurt sonst nicht hingekommen wären. Da musste mir bei der Planung der Tour ein Fehler unterlaufen sein, denn die Fahrtzeit von Dora dorthin war etwas kurz bemessen. Auch das die Führung insgesamt zwei Stunden dauerte, statt 90 Minuten, zwang uns zu einer Anpassung des Plans. Wir fuhren also mit den Autos im Konvoi los und machten uns direkt auf den Weg nach Windischholzhausen. Da einer der Mitfahrer leider noch einen kleinen medizinischen Notfall hatte, mussten wir zusätzlich noch nach einer Apotheke suchen – das machte den Plan nicht einfacher zu erfüllen, aber da geht die Gesundheit einfach vor. In Windischholzhausen eingetroffen, parkten wir verteilt in einem Wohngebiet und gingen mit leichtestmöglichem Gepäck los. In dem kleinen Bunker würden wir wenig Bedarf für die volle Ausrüstung haben – und schon nach wenigen Hundert Metern im Wald trafen wir auf den leider ziemlich verschütteten Eingang des Bunkers.


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Wir gaben die Hoffnung dennoch nicht auf noch einen zweiten Eingang zu finden – aber nach fast 45 Minuten im Unterholz mussten wir einsehen: Es gab zwei nebeneinanderliegende Eingänge und diese waren beide fest verschüttet und vermauert. Das war auch der einzige Bunker auf dem Gelände. Also leider ein totaler Fehlschlag an dem Bunker. EIn paar Fotos der Bunkerreste und der betonierten Laufgräben kurz gemacht und dann Abmarsch...

 
(Laufgräben vor dem Bunker.)  


(Da ist kein Durchkommen - der dicke Betonklumpen blockiert die Tür. Schade!)

Etwas deprimiert machten wir uns auf den Weg zu den Autos und fuhren dann zu unserem nächsten Ziel, einem Bunker bei Ollendorf. Das ging recht flott und nachdem wir im Schatten der Windkraftanlage vor Ort geparkt hatten, machten wir uns auf den Weg durch das kleine Wäldchen. Nur ganz leichtes Gepäck und im T-Shirt bei sommerlichsten Temperaturen. Da ahnten wir noch nicht, wie das Wetter ja am Sonntag sein würde...

 

Auch hier fanden wir innerhalb von zehn Minuten den Eingang und hatten Glück: Der Bunker stand weit offen! Für unseren neuesten Mitfahrer ein Erlebnis – der erste „wilde“ Bunker… jedenfalls.

 

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Bei dem Bunker handelte es sich um einen kleinen „Führungsbunker“ der GSSD (also der sowjetischen Streitkräfte in der DDR), der wohl in den 80er Jahren aus Fertigteilen errichtet wurde. Es war recht beeindruckend zu sehen, wie hier quasi im Fließbandverfahren Bunker errichtet worden waren! Quasi ein Plattenbau unter der Erde…


(Hurra, endlich ein richtiger Bunker - damit die Tour den Namen auch zu Recht trägt!)

Mit einer Nutzfläche von 75m² eher eine Mietwohnung unter der Erde war der Bunker nicht sehr tief angelegt. Eine Etage, neun Räume die in zwei nebeneinanderliegenden Strängen lagen. Nicht einmal mannshoch, man musste andauernd den Kopf einziehen in dem Teil. Und: Ohne Ende voller Mücken. Nicht sehr angenehm!


(Hauptgang des Bunkers, der Grundriss ist eher übersichtlich.)

Praktisch alle Metallteile waren entfernt worden, dafür war aber wenigstens fast keine Graffiti da und auch sonst war er nicht sehr vermüllt. Es steht zu hoffen, das das auch so bleibt.


(Zugemauerter Nebengang mit Deckeneinbruch.)

Der Bunker diente als Kommandostelle einer Flugabwehreinheit, deren Erdstellungen ganz in der Nähe waren. Wir waren binnen einer knappen halben Stunde komplett durch den Bunker durch – so viel war ja leider nicht zu entdecken. Dennoch: Ein kleines Erfolgserlebnis!


(Eines der wenigen erhaltenen Ausrüstungsteile.)

Zurück ging es dann zu den Autos und weiter ging die Tour nun Richtung Lehesten. Und damit ein weiteres Mal ein Fehler in der Planung: Offenbar hatte ich die Fahrtzeit falsch berechnet bzw. nicht bedacht, das wir in Windischholzhausen und mit der Apothekenaktion viel Zeit brauchten. Um 17:30 fuhren wir erst in Ollendorf los gedacht war die Abfahrt schon um 16:45 Uhr… Wir würden also später erst in Lehesten sein – kurz beim Hotel Bescheid gesagt das wir eine Stunde später erst da sein würden und dann ging es los.


Bis uns leider ein Motorradunfall unterwegs zwang, die Fahrt zu verlangsamen und einen Feldweg zu nutzen – wieder eine erhebliche Verzögerung. So waren wir dann doch erst um 20 Uhr (!) am Altvaterturm in der Nähe des Bunkers bei Lehesten angelangt statt der geplanten 18:30 Uhr.



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(Der Altvaterturm in der Nähe des Bunkers.)

Entsprechend mussten wir das Programm hier verkürzen. Ohne eine Karte durch unseren Kollegen Klaus hätten wir den nie im Leben gefunden! Wir suchten auf dem Gelände eine ganze Weile herum *trotz* Karte sogar und schließlich fanden wir mehr oder minder durch Zufall den Bunkereingang.
Der Eingang ist derzeit mit einer Tanne getarnt, die über dem Loch liegt. Wer nicht weiß, was da ist, wird den so niemals finden…


(Der gut getarnte EIngang zum Bunker.)  


(Hauptgang - relativ wenig Schmierereien und durchaus gut erhalten das Teil!)  

Innen angekommen war leider das Schott zugemacht. Frust breitete sich aus denn das sah zugeschweißt aus. Wir wollten schon wieder abrücken als ich und Tobias noch einen letzten Versuch machten, denn irgendwie sahen die Schweißnähte aufgemeisselt aus und - dann bewegte sich das Tor doch wieder!

Wir waren drin! Schnell die anderen Mitfahrer zurückgeholt und los die Erforschung des Bunkers. Und die lohnte sich wirklich! Wenig Schmierereien, viele erhaltene Details und eine beeindruckende Größe des Bunkers.

Auch dieser Bunker war ein „Fertigteilbunker“ vom Typ MB3 bzw. MB/BS. Erbaut wurde der Bunker in den 80er Jahren und war wie der kleine Bunker zuvor ein Führungsbunker, Unterschied aber: Dieser wurde von der NVA genutzt und beherbergte wohl eine Funktruppe der DDR Armee. Im Prinzip ein Tieffliegermeldedienst. Der ganze Komplex bestand aus einem Gefechtsstand mit Garagenbunker, weiteren Technikbunkern, einem Turm plus Wachgebäude. 1991 wurde die Anlage außer Betrieb gesetzt, auf einem Teil des Geländes tummeln sich nun Amateurfunker.


(Die russischen Filteranlagen - fast wie neu.)  


(Das dürfte due Pumpenanlage der Ventilation gewesen sein.)


(Der Schimmel hier war bedenklich - da wären Masken besser gewesen. Lagebesprechungsraum.)

Wir gingen also langsam und vorsichtig durch die Anlage und staunten durchaus darüber, wie viel noch erhalten war. Viele, viele Fotos wurden von allen gemacht und die Erkundung dauerte dann doch noch ein wenig.
Ein Blick auf die Uhr aber sagte uns: Wir müssen echt los. Und der lange Fußweg am Turm draußen vorbei zu den Autos (wir hätten einfach dreist zum Turm fahren sollen um die Tageszeit, aber das weiß man ja auch erst hinterher…) würde ja auch noch dauern.


(Die Kabeldiebe waren noch nicht da - soviel Technik ist meistens nicht mehr vorhanden!)


(Die Garagenbunker in denen die Fahrzeuge standen. )


(Kleine Wandmalerei in einem der Garangenbunker.)

Also in Rekordzeit (keine 40 Minuten leider!) das ganze Objekt bewandert, Gruppenfoto gemacht und ab wieder aus der Anlage raus. Noch den Eingang getarnt und los zu den Autos. Dort schnell die Schuhe gewechselt und los ging es ins Hotel, was nur 5 Minuten weg war.


(Die Sitzecke im Offizierscasino lud nicht mehr zum Verweilen ein.)


(Der Schaltschrank der Elektroräume.)

Dort angekommen schnellstens die Zimmer bezogen und dann erstmal Duschen gegangen. So schnell es ging sammelten wir uns dann in der Gaststube und dort wurde uns lecker hausgemachtes Thüringer Essen serviert und ein kaltes, richtig gutes Bier. Herrlichst.


Alles war gut, nur konnten wir am Tisch nicht ganz frei sprechen denn wir wollten ja nicht den kompletten Grund unserer Reise dort kundtun. Also nach zwei Bier und dem Essen dann zusammen auf das größte Zimmer gegangen und dann setzte eine kleine Pendeltour nach draußen ein und ich kam mit eiskalten Hansadosen zurück. Und die gingen weg wie nix… Nach dem kühlen Bier waren wir dann aber auch alle bettfertig. Noch kurz zuhause abgemeldet und dann lagen wir alle schnell in Orpheus Armen…

Tag 2 - U-Verlagerung Rotbutt

Der Morgen graute und das Wetter versuchte spontan uns von unseren Plänen abzuhalten: Alles grau in grau draußen und ich meinte bereits, feinen Nieselregen wahrzunehmen. Aber nichtsdestotrotz machten wir uns auf den Weg nach unten in die Gaststube, wo ein reichhaltiges, lokales und exzellentes Frühstück uns erwartete. Nach etwas Kaffee, Brötchen und Rührei machten wir uns daran, flott in die Autos zu kommen und uns zum Hauptziel der Tour, der U-Verlagerung Rotbutt zu bewegen.


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In dieser U-Verlagerung wurden im Wesentlichen die Motoren der V2 getestet, die in Dora gebaut wurden. Waren diese als funktionierend eingestuft worden, so wurden diese dann kalibriert und nach Dora zurücktransportiert zur Endmontage in die Raketen.
Um nun Treibstoff vor Ort zu haben, wurde ein unterirdisches Werk zur Produktion von flüssigem Sauerstoff (und damit auch Stickstoff) gebaut. In den Talkessel des Tagebaus wurden Teststände, Beobachtungsbunker und diverse andere Gebäude gebaut, die für den Betrieb nötig waren. Das alles wurde innerhalb kürzester Zeit von KZ-Häftlingen unter schlimmsten Bedingungen errichtet. Das von uns am dritten Tag besuchte Lager Laura dokumentiert dies anschaulich.


Nach relativ kurzer Fahrt standen wir dann jedenfalls - an einer Baustelle?! Hier wird derzeit neu gebaut – das verheißt nichts Gutes für die Zugänglichkeit der Anlage, denn wo gebaut wird, fällt einschlägiger Publikumsverkehr auf und dann wird da gerne mal verfüllt in Deutschland… Die Baustelle war jedenfalls komplett mit Lastern und Trecker und Bauern ausgestattet – weswegen wir dann eine großzügige Ehrenrunde einlegten und besprachen, wie wir weiter vorgehen sollten. Kurz entschlossen sagten wir uns: 10 Minuten warten und dann nochmal los.


Und tatsächlich: Der Bagger war am anderen Ende der Baustelle, der Laster und Trecker weg. Freie Bahn also! Wir fuhren über den Feldweg bis zu einer recht geschützten Stelle, die wir aufgrund des Kartenmaterials ausgesucht hatten. Dort angekommen kam dann das traditionelle Umziehen in die Vollausrüstung. Der leichte Nieselregen machte das nicht sehr angenehm, immerhin tarnte die Motocross Strecke jegliches Geräusch, das wir machen würden. Nachdem wir dann in Gummistiefeln, Regenjacken und Rucksäcken mit Helmen plus Geleucht ausgestattet waren, machten wir uns pronto auf den Weg.
Fort.

 
(Dezent verbrochener Durchgang im Luftschutzstollen)

Es ging einen Abhang hinunter zu ein paar Häusern die zu dem alten Bergarbeiterdorf gehörten. Kaum dort angekommen, machten wir ein Gruppenbild und dann ging es los durch den kleinen Luftschutztunnel ab in den großen Talkessel, wo die Zugänge zur Anlage sich befinden. Um 10 Uhr begann so das große Abenteuer für uns.


(Kurze Zeit später sahen wir wieder Tageslicht.)  


(Geländetechnisch alles andere als einfach!)  

Über einen ordentlichen und nicht sehr alt aussehenden Verbruch wanderten wir durch den Tunnel. Viel spektakuläres gab es hier nicht zu sehen, in der Kammer rechter Hand irritierte uns eine tote Katze allerdings etwas. Das sah nicht nach „verirrt“ aus. Da schossen mir doch etwas merkwürdige Gedanken durch den Kopf.
Am Ende teilte sich der Gang, wir nahmen den linken Ausgang, der recht easy war. Einer nach dem Anderen kam zum Vorschein und nun wurde die Sache deutlich ernster.
Die an sich gute Beschreibung lautete, das wir hier den Hang runtermüssten zum Eingang – der sah gar nicht so groß aus, dennoch nutzten wir der Einfachheit halber eine kleine Strickleiter um die 2m runter zu klettern. Nun wanderten wir den Abhang entlang, immer auf der Suche nach dem Eingang. Nur: Wir fanden lediglich das große stählerne Zuluftrohr, was zwar auch einen Zugang bietet, aber am Ende halt Akrobatik nötig machen würde weswegen wir uns das klemmen wollten.
Also: Zurück und überlegt. Und dann fiel es mir auf: Direkt am Anfang geht es den Abhang noch weiter runter und nachdem wir diese hakelige Rutschpartie geschafft hatten, waren wir endlich am richtigen Eingang zur B-Sohle angelangt.


(Weiter unten ging es fast schon wieder...)  

Dort angelangt waren wir bald schon am unteren Ende des Zuluftrohrs angelangt. Vor Jahren hatte ich gelesen, wie sich die mehr oder minder ersten Erforscher das Systems, die das auch publizierten, sich durch das Rohr gequält hatten um die Anlage zu erforschen – wie die sich danach gefühlt haben müssen, als sie den ebenerdigen Ausgang fanden, mag ich fast nicht zu beschreiben… Jedenfalls machten wir uns auf den Weg durch die gigantischen Kammern der Anlage.


(Einbauten im Gang die noch erhalten sind.)  


(Der Hauptgang der B-Sohle in einer Langzeitbelilchtung. Der Schiefer schluckt ohne Ende Licht..)  

Wirklich viele Überreste sah man hier bis auf den Raum mit dem großen Rohr und ein oder zwei anderen Stellen eigentlich nicht, dennoch faszinierte alleine die Größe. Der dunkle Schiefer schluckte unglaublich viel Licht, so dass es nötig war, längste Belichtungszeiten zu nutzen um brauchbare Bilder zu bekommen. Leider waren hier schon einige Schmierereien zu sehen, warum man das macht, bleibt mir wie immer ein Rätsel.
Nachdem wir das System bis zum Ende erkundet hatten, ging es zurück ans Tageslicht. Keine Dreiviertelstunde hatte es bis dahin gedauert, das meiste an Zeit ging für die Langzeitbelichtungen drauf.

 
(Eine der wirklich gigantischen Kammern der Sohle. Locker 20m hoch.)  


(Das große Zuluftrohr, das ca. 1m weg von der Kante über einem 3m Abgrund hängt. Da kann man rausklettern, muss es aber zur Zeit nicht. Ein Glück.)  


(Das Fundament des alten Kühlturms.)  

Nächstes Ziel war dann die Startrampe für die Reichsflugscheiben… also… ich meine natürlich das Fundament des Kühlturms. Dieses wurde wohl später noch von den Kindern aus der Umgebung als Waldschwimmbecken genutzt, bis es wohl mal einen Unfall gab. Kann ich mir gut vorstellen, denn sicher sah der nicht aus. Man hat an einer Ecke ein Loch hinein gebrochen, damit das meiste Wasser nicht mehr drin bleibt. Die Suche nach dem nächsten Eingang war etwas schwierig, da die Karte nicht soooo genau war. Wir machten kurz Rast unter einem riesigen Felsüberhang, der uns auch eine Nieselregenpause bereitete. Kurzes Snack Essen und Wasser tanken und dann ging es auch schon weiter.


(Eingangsbereich des Kühlwasserstollens - erfordert durchaus eine gewisse Suche im Gelände.)

Daran anschließend ging es zum Tunnel, den „Wasserstollen“. Durch diesen führten Rohrleitungen zum Teststand wo die Raketenmotore getestet wurden. Das war eine etwas intensivere Wanderung, denn das Wasser im Tunnel war hoch und die Sicht zum Boden nicht wirklich gegeben sobald der Erste der gruppe durchgewandert war. Nach einiger Zeit waren wir durch den ersten Teil hindurch, bis auf die Betonlagerungen der Rohre war hier nichts mehr drin. Der zweite Teil, durch ein kleines Loch in einer Mauer begehbar, war auch nicht viel Spannender – bis darauf, das man am Ende an einen Übergang kommt, wo die Wasserrohre nach unten verschwinden. Das war aber so rutschig, das wir hier nicht runtergeklettert sind. Also: Retour das Ganze.

 
(Etwas Licht half - rechts die gemauerten Halterungen der Rohrleitung zum Kühlwasserbecken.)


(Der lange Marsch durch den nassen Stollen.)


(Der dann hier vorerst endete - ohne unsere Leiter kamen wir hiernicht runter und nach Plan enden die Gänge blind. Ich gehe davon aus, das von hier aus die großen Kompressorhallen die eine Sohle tiefer links und rechts unter uns lagen mit Wasser bedient wurden.)

Nach einiger Zeit kamen wir aus dem Tunnel heraus und sind dann weiter durch den Wald gewandert, immer am Abhang entlang. Und nach einiger Zeit und diversen Irrwegen fanden wir dann noch ein kleines Loch, gegenüber des Kühlbeckens, das ich auf der Karte eindeutig zuordnen konnte. Wunderbar! Das andere Ende des Stollens – den wir prompt erforschten. Was allerdings nicht lange dauerte, denn direkt nach der ersten Kurve standen wir genau an der anderen Seite des steilen Lochs wo die Rohre nach unten verschwanden.
(Kurze Momentaufnahme im Tunnel - an solchen Stellen kommt man durchaus auf doofe Gedanken mal. Letztlich bin ich nicht runtergeklettert.)


(Der Tagebruch. Spektakulärer Anblick!)

Soweit so gut – die B-Sohle war damit bis auf den „Kabelstollen“ komplett erwandert. Wir marschierten nun Richtung Tagebruch, an dessen Boden ein See sich gebildet hatte. Dort irgendwo soll doch der Zugang sein zur nächsten Sohle? Wir fanden dann auch einen Zugang – doch das war der zum Kabelstollen, der soweit unter Wasser stand, das wir dort dann doch nicht weiter rein sind vorerst.
In dem Moment erspähten wir eine weitere Befahrergruppe, die sich auf der anderen Seite des Sees an den Abstieg machten und im Berg verschwanden. Also da war der Eingang… und nun machte auch die Beschreibung von Klaus Sinn, denn wir standen nichtsahnend AUF der von ihm beschriebenen Rampe runter zum See und hatten sie daher nicht gesehen.
 


(Der zweite Teil des Kühlwasserstollens - nur der Vollständigkeit halber.)


(Aussen am Ende dann das grosse Kühlwasserbecken.)

Also ab nach unten, durch den Matsch, rüber zum Eingang. Da die andere Gruppe nun schon weg war, haben wir kurz die Helme etc. aufgesetzt und uns erst dann in den Berg aufgemacht. Man möchte einander ja nicht unbedingt im Weg sein…
Im Berg dann angekommen, kündeten die Schmierereien davon, dass wir auf der richtigen Sohle sind. Immerhin. Tiefer ging es in den Berg und hier waren die Kavernen wahrhaft gigantisch. Die Pfeiler waren fast 2m dick und sicher um die 20m hoch - auf Fotos kommt das so oft überhaupt nicht rüber, das muss man in der Tat einfach selber gesehen haben! Aufgrund der bröselnden Decke und da die Pfeiler teilweise in der Luft „schwebten“, sprich, nur noch von der Stahleinlage an Ort und Stelle gehalten wurden, traute sich niemand, sich neben den Pfeiler zu stellen als Größenvergleich.


(In der ersten großen Kammer der D-Sohle. Die Decke bitte in doppelter Höhe dazu denken.)  


(Die gigantischen Säulen in der Kammer rechts neben dem Eingang. Rund 20m hoch - sieht aus, als ob es nur Stelzen einer Tiefgarage sind.)  

Wir machten uns langsam auf den Weg tiefer in das System und erforschten Kammer nach Kammer. Schon bald ging es nach einer Kletterpartie etwas nach oben und wir standen in dem Raum, dessen Bild bei mir der Anlass war, unbedingt hier einmal hin zu fahren. Gigantische Stahlträger waren von titanenhaften Kräften verbogen worden, als die Sowjets in den 40er Jahren die Anlage zu sprengen suchten. Man fühlte sich sehr, sehr klein in den Hallen. Jeder Schritt musste bedacht werden, überall loses Gestein – das war kein einfacher Ausflug mehr.


(Eine der Hallen des Sauerstofffabrik. Torpedonetzreste gegen Schieferbruch und titanenhafte Stahlträger am Boden.)  


(Vorsichtiges Vorantasten in der Anlage.)  


(Die Riesenhaftigkeit ist auf Bildern kaum zu erfassen. Ausleuchten war eine Herausforderung.)  

Wir waren beeindruckt und erschüttert. Die neuen Mitfahrer konnten das fast nicht fassen, was man so noch versteckt unter der Erde findet und auch ich war ziemlich weg. So ein Erhaltungszustand ist ansonsten in Deutschland nicht mehr oft zu finden. Es steht zu hoffen, dass es noch recht lange so bleibt.
Der Weg führte uns weiter entlang der Hauptgallerie in die Stollen und Kammern der U-Verlagerung. An einem kleinen Wasserbecken ging es vorbei, als wir Stimmen hörten. Eine dreiköpfige, freundliche Befahrergruppe kam uns entgegen die schon länger im System waren.



(Warum auch immer  man zigtausend Pfeile an die Wände sprühen muss...)  


(Ein Wasserbecken unbekannter Funktion.)  


(Der Hauptstollen - kurz bevor wir die dritte Gruppe trafen. )  

Man unterhielt sich ein paar Minuten, tauschte sich aus über die Sohlen und was wo zu sehen sei (auch bei ihnen war Sohle F als zu unsicher eingestuft worden) und dann gingen wir weiter.
Nur wenige Minuten später waren wir dann an den Kompressorhallen angekommen, wo auch der Zugang zur Sohle F ist. Es ist immer eine Sache, im Netz davon zu lesen „hier muss man sich ein paar Meter abseilen“ – und dann steht man selber an dem Loch, leuchtet hinunter und kann keinen klaren Boden erkennen: Nein, da seil ich mich auf keinen Fall dran ab. Runter ginge es vielleicht noch, aber wieder herauf…? Da muss man einfach seine Grenzen erkennen und das anderen überlassen. Es geht halt nicht alles, was man gerne möchte.
Wir erkundeten also lieber weiter die D-Sohle und wanderten bis an das Ende der Kompressorhalle. Dort war dann leider Schluss, ein Zugang zu den Brennständen etc. war von hier aus weder zu erkennen noch offenbar möglich.


(Die Übergang zur F-Sohle. 10m (?) senkrecht runter - ohne mich.)  


(Die Größe der Anlage wird in den teilweise noch ausgemauerten Hallen deutlich.)  


(Das Ende der Hallen.)  

Rückwärts ging es nun, ich hielt dabei an einem der Schrägstollen an und ging/rutschte den bis nach oben zum Ende hoch, nur um festzustellen, dass der blind endete. Wurden die Stollen hier nie beendet? Oder später absichtlich verschlossen? Jedenfalls war mir nun klar, wofür auf der Karte das „HB“ stand: Holzbalken würde ich sagen. Nur „LF“…? Und „ÜH“? Das ist noch zu klären.
Flott ging es wieder zurück zum Rest der Gruppe. Der Weg führte uns nun weiter, zurück zu den großen Hallen die wir am Anfang gesehen hatten. An diesen vorbei ging es zu den Aborten und zum nun verschütteten zweiten Eingang der Anlage. Hier war nicht mehr sehr viel zu sehen, dennoch machten wir uns mutig auf den Weg und bahnten uns durch den Matsch einen Weg.



(Der Berg arbeitet - das war einmal der zweite Eingang zur Sohle.)  


(Diese "Rutschen" stammen vermutlich aus Schieferbergwerkszeiten zum Materialtransport. Zu rutschig um sie ohne Ausrüstung zu erklettern.)  


(Die zweite riesige Kammer.)  

An Stapeln gammelnden Holzes vorbei und mit Sicht auf diverse kleine Verbrüche machten wir uns zum Schluss noch in die letzte große Halle auf, die ich zuvor verpasst hatte. Und diese war noch einmal richtig beeindruckend. Nicht zuletzt der „schwebende Brocken“, der in einem alten Torpedonetz von der Decke hing, faszinierte. Man kann es kaum beschreiben wenn man in diesen sinistren Hallen von der Größe einer mittleren Fabrikationshalle steht, aber über sich dutzende Meter festen Gesteins weiß.


(Die Torpedonetze an den Decken machten die Atmosphäre sehr unwirklich. )  


(Die Riesenhaftigkeit ist auf Bildern kaum zu erfassen. Ausleuchten war eine Herausforderung. Überall.)  


(Die Auswirkungen der Sprengungen sind unglaublich. In der MItte ein gigantischer Sockel.)  


(Die geborstenen Strukturen der dritten Kammer.)  

Letztlich führte uns der Weg dann doch wieder zum Ausgang. Nach über zwei Stunden am Stück in der Anlage waren wir etwas matschig. Doch noch war der Tag nicht zu Ende – wir versuchten als nächstes, in den Kabelstollen vorzudringen. Leider stand dieser schon nach 50m so tief unter Wasser, das hier ohne Wathose kein Weiterkommen war. Da ich der Einzige damit war und ein Soloabenteuer hier viel zu gefährlich ist, brachen wir die Aktion ab, machten nur einige Fotos und machten uns dann auf den Weg zurück zu den Autos für einen kleinen Snack und dann um die Gebäude des Dorfes zu sehen plus die Telefonzentrale nebst dem kleinen Stollen dort.


(Der "Gifttank" im Kabelstollen - ab da wurd es ohne Wathose zu tief.)  

Auf dem Weg zum Auto trafen wir noch einmal die dreiköpfige Gruppe – und stellten fest, dass unsere Strickleiter weg war. Die Drei meinten noch, sie hätten eine alte Leiter vorhin in einer Grube liegen sehen, aber da wir nicht die riesige Lust hatten, den Hang nochmal komplett runter und hochzuklettern haben wir sie zurückgelassen. Unschön, aber wir ärgerten uns doch darüber, dass offenbar die große Gruppe unser Equipment so behandelt hatte. Das macht man nicht und es macht weiter mißtrauischer gegenüber anderen Befahrern von solchen Systemen.


Durch den Tunnel ging es nun wieder zurück und ab zu den Autos. Der Regen war auch wieder da – wie schön… Dort angekommen haben wir dann erst einmal was gegessen und getrunken. So gestärkt haben wir die schwere Ausrüstung weggepackt und nur das nötigste mitgenommen. Auf ging es nun den Weg entlang zum Dorf. Auf dem Weg dorthin kam noch ein Auto hinterher – Gruppe 4 an Besuchern heute. Der reinste Freizeitpark scheint es – vor zehn Jahren war man noch überall alleine und wochenlang waren Objekte unberührt und heute sind an einem Tag 30 Mann vor Ort. Nun ja.


(Der steile Stollen unter der Villa. Ein Abstieg der nicht wirklich nötig war...)

An der großen Villa angekommen machten wir uns auf den Weg ins Innere. Nach kurzer Zeit schon fanden wir den Eingang in das kleine Stollensystem und natürlich nutzten wir den schweren Abstieg über den steilen Stollen nach unten. Das war mit zehn Mann ganz schön haarig, da die abrutschenden Schiefersteine ganz schön nach unten sausten. Handschuhe und Helme waren hier absolut wichtig. Aber wir kamen gut unten an, auch wenn das Geländer völlig im Eimer war am unteren Ende. Unten angekommen sah ich als erstes den ebenerdigen Ausgang neben uns. Wie… schön. Wir gingen also rüber zur Telefonzentrale, fanden aber nur einen wirklich leergeräumten Raum vor. Das war eher weniger lohnend. Der Weg zum Talkessel war auch hier zu. Also wieder zurück und uns den Aufstieg zum Lehrlingswohnheim angesehen und spontan entschlossen, das wir uns den mal klemmen. So führte uns der Weg über den ebenerdigen Ausgang hinaus und wir sahen uns noch die diversen Gebäude auf dem Rückweg an. Hier boten sich viele schöne Fotomotive und so manches Mal ertappte ich mich dabei, dass es hier wirkte wie in der TV Serie „Nach den Menschen“ oder aus „28 days later“. Unglaublich. Eine gewisse Schönheit des Verfalls.  


(Die Wand beult sich bereits gewaltig nach innen.)


(Und auch die Decke sah nicht wirklich vertrauenserweckend aus...)


(Daher freuten wir uns auf das Tageslicht am Ende des Tunnels.)

Im (Überraschung!) Nieselregen ging der Weg dann zurück zu den Autos und da wir fix und alle waren, haben wir uns dagegen entschieden, heute noch zur Gedenkstätte zu fahren. Stattdessen ging es ins Hotel, wo ein Grillabend auf uns wartete. Flugs zu den Autos, dort umgezogen soweit möglich und ab ging es zum Hotel, die Sachen im Kofferraum abgetarnt und dann erstmal geduscht.


(Das sah echt nach 28 days later aus. Welt ohne Menschen. Zombieapokalypse.)


(Oder Half-Lif 2. )


(Oder gar nach Stalker.)

Bei dem Sauwetter hatten die Herbergseltern für uns draußen alles in einer Hütte aufgebaut, es wurde frisches Bier gereicht – herrlich. So könnte es gerne öfter gehen! Das Essen war lecker und reichlich, die Getränke hervorragend und der Abend wäre sanft ausgeklungen – wenn wir nicht noch eine Sonderführung durch das Dorfmuseum bekommen hätten!


Man öffnete kurzerhand für uns das Museum und wir konnten recht lange uns alles ansehen und viele Geschichten um das Dorf erfahren. Fast schon etwas zu viele Geschichten und auf manchem Zeitungsausschnitt sahen wir dann auch die Hintergrundgeschichte um das Hotel wo wir übernachteten. Dass man an der „Zonengrenze“ wenig Tourismus hätte, war klar – so musste man sich hier wohl lange als Systemträger nützlich machen (Veranstaltungssaal war ja da für die lokalen politischen Veranstaltungen) und als Kneipier hörte man natürlich alles aus dem Dorf. Andere Zeiten waren das und ich bemühte mich darum, niemanden für ihr Verhalten zu verurteilen.


Nachdem wir also viel erfahren hatten und sogar eine Runde Schiefer schneiden durften, ging es zurück und nach ein paar Bier waren wir soweit, ins Bett zu gehen. Letzter Vorschlag von „IM Schieferplatte“ wie wir intern ein wenig witzelten war, morgen die Gedenkstätte bei Abfahrt zu sehen. Warum nicht, dachten wir uns – das wird ja nicht lange dauern… Und damit lag eine weitere erholsame Nacht vor uns, wir entschlossen uns zu etwas späterem Aufstehen um Fit und Aktiv zu sein.

Tag 3: KZ Gedenkstätte Laura und U-Verlagerung Anke

Der Wecker klingelte nicht zu früh und wir machten uns nach der Morgentoilette auf in den Gastraum. Wieder gab es ein leckeres Frühstück, frischen Kaffee und so gestärkt machten wir uns daran, die Autos zu beladen. Was die Abfahrt leider etwas verzögerte war, das wir noch die Zimmer bezahlen mussten. Machen wir das sonst per zentraler Kartenzahlung und dann Überweisung an mich hinterher, war hier Barzahlung gefragt. Das komplizierte es doch etwas und so rückte der Stundenzeiger deutlich vor. Aber irgendwann war auch das erledigt, wir verabschiedeten uns herzlich vom Hotel plus Eignerfamilie und machten uns auf den Weg. Zum Hotel noch kurz: Was ich nochmal ausdrücklich loben will: es ist günstig, gut, der Grillservice war Rakete, die Zimmer das Sauberste was ich je erlebt habe, es ist dicht am Zielort dran – alles gut. Nur eben die Ausnahme das wir auffällig oft und intensiv nach Sinn und Zweck unserer Reise und Herkunft gefragt wurden (Coverstory war Geocaching und Wandern des Computervereins zum Altvaterturm und zum Schiefermuseum plus eben dem Bergarbeiterdorf, was jetzt auch extrem dicht an der kompletten Sache dran war). Sonst war das richtig Klasse. Empfehlenswert!

 

Also: Los ging es und um kurz nach 10 Uhr waren wir dann an der Gedenkstätte. Hier trafen wir dann auch bald eine kundige junge Dame, die uns alles zeigte und erklärte. Wenn wir nur uns umgeschaut hätten, wären wir wohl in 30 Minuten durch gewesen – so dauerte der durchaus interessante Besuch aber mit Filmvorstellung und ausgiebiger Tour durch das ehemalige Lager immerhin fast anderthalb Stunden. Das würde später leider etwas zum Problem werden.


(Plan des Aussenlagers.)


(Blick auf den wieder aktiven Steinbruch. Die Betonstruktur in der Mitte ist der Rest eines Teststands.)


(Reste eines V2 Motors in der Lagerbaracke.)

Dennoch: Eine interessante Führung durch ein Außenlager des KZs. Das Thema war jedenfalls sehr ernüchternd und ich muss in der Retrospektive feststellen, das es wirklich sinnvoll war, das noch mitzunehmen. Es setzt wirklich den zweiten Tag der Tour in die richtige Perspektive, denn so beeindruckend die Technik unter der Erde auch war – hier wurden Menschen vernichtet für ein Wahnsinnsprojekt und das muss man sich immer wieder vor Augen führen.
Nachdem wir also die Führung mitgemacht hatten und das Lager nebst Außengelände erkundet hatten, machten wir uns auf den Weg zum nächsten Tagesziel, der U-Verlagerung Anke. Doch auf dem Weg dahin mussten wir erstmal Tanken. Diese Aktion war leider ein ziemliches Desaster, da es in Lehesten keine Tankstelle gab. Erst zwei Orte weiter und damit fast zwanzig Minuten Fahrtzeit später tauchten wir dann an einer Tankstelle auf. Und: Nun setzte Schneetreiben ein. Von T-Shirtwetter am Freitag bei über 20C zu Schneefall am Sonntag – unglaublich.


(gut, das ich die Winterreifen noch drauf hatte..)

Schlimmer noch: Die Straße zu Anke war gesperrt und die Umleitung elendig lang. Weit über eine Stunde brauchten wir, bis wir endlich am Ziel waren statt der geplanten knapp 25 Minuten. Was ein Ärger! Am Ende wären wir fast noch mit den Autos festgehangen, da der auf der Karte verzeichnete Weg nur noch ein Fußweg war statt einer Straße und zudem im Wald gar nicht mehr vorhanden war!


Größere Kartenansicht

 

Aber der Reihe nach:
Flugs zogen wir uns für die Exkursion gut getarnt unter einer großen Brücke um und machten uns auf den steilen Weg zu den Stollen auf. Zunächst den engen Fußweg entlang, dann querfeldein weiter um auf den auf der Karte vorhandenen Waldweg zu kommen. Den hatte es dort wohl auch irgendwann mal gegeben – aber heute ist davon kaum noch was zu sehen. Hier ist jedenfalls jahrelang keiner mehr her gefahren und auch zu Fuß scheint den Weg kaum einer zu nehmen. Wir marschierten fast eine halbe Stunde lang durch den Wald und dann kamen wir endlich an den Resten des kleinen Kinderferienheims an. Das Schwimmbecken sahen wir als Erstes, dann das Gebäude und dann den ersehnten Zugang zur U-Verlagerung. Der stand durchaus unter Wasser, aber mit Gummistiefeln war das kein Thema.


(Zugang zum Stollen in dem die U-Verlagerung gebaut wurde.)  


(Auf dem Weg in das Innere der Anlage - überall Schienenreste.)  


(Ein wunderbar blau leuchtender Tümpel in der Anlage.)  

Helme auf, Licht an, Kameras raus und dann ging es ab in den alten Schieferstollen.
Bei der U-Verlagerung handelt es sich um eine alte Schiefergrube, in der ab November 1944 eine unterirdische Fabrik einziehen sollte. Bis zum Abbruch der Arbeiten im Februar 1945 wurden Stollen erweitert, Gleise gelegt und die Bewetterung der Anlage erweitert. In der unterirdischen Fabrik sollten Torpedos (!) gefertigt und gelagert werden, sowie Mehrspindelautomaten der Werkzeugfertigung untergebracht werden.

So wie sich die Anlage heute darstellt, ist nichts davon wirklich umgesetzt worden sondern es blieb bei den „Vorarbeiten“.
Zu dem System sind im Netz nicht wirklich gute Karten zu finden, auch die Informationen sind eher spärlich. Fotos findet man reichlich, aber für einen schnellen Besuch war das hier etwas schwieriger. Mit den Koordinaten versehen fanden wir die wichtigste Sohle dennoch gut.


(Die Leiter am Ende des Raums hatte es hinter sich.)  


(Tunnel nach Tunnel!)  


(Diverse Reste der Einbauten.)    


(Und auch das: Eine Bergmannstoilette. Benutzt natürlich.)    

Auf ging es in das dunkle und nasse System. Schon bald trafen wir auch hier auf enorm große Kavernen die in den Felsen gehauen wurden. Die Orientierung war fast durchgehend sehr einfach, da die Anlage fast durchgehend linear aufgebaut ist mit einer Schleife fast am Ende (oder zumindest einer großen Verzweigung). An klaren Tümpeln vorbei ging der Weg über die alten Gleise in den Berg. Immer wieder sind kleine Reste der Einbauten zu entdecken, Wasser oder Pressluftleitungen sind in Resten erhalten und die Gleise sind noch vorhanden.
Nach einiger Zeit fanden wir dann die Sprengkammer der Anlage, aber auch hier war nicht viel erhalten – dafür war natürlich ein Geocache vorhanden. War ja klar…
Auch ein Bergarbeiter Abort tauchte aus dem Dunkel auf – nun, auch das gehört zu unseren Touren ja jedes Mal dazu.


(Ein richtig dicker Stein, der farblich irgendwie nicht ins Bild passte. Hier war Schluß mit der Anlage - oder was verbirgt sich hinter dem Verbruch links?)    


(Nicht ungefährlich die Anlage - hier wurde es extrem instabil.)  


(Eine der Rutschen aus Holz die wir fanden. Dahinter war aber Schluß in der Anlage.)  

Ein Raum faszinierte durch eine steile Leiter an der Wand – diese war aber in so schlechtem Zustand, dass man sie nicht mehr erklettern sollte. Ein Kühlwassertank war noch vorhanden, es steht zu vermuten dass hier eine Fertigung hätte einziehen sollen.
An einer späteren Stelle, kurz vor dem einen Ende der Anlage, standen wir vor einem riesigen weißen Findling, der von der Decke abgestürzt schien. Das führte uns wieder vor Augen, wie bröselig diese Anlagen heute sind. Wir gingen also zurück zur großen Abzweigung und erkundeten die andere Hälfte der Anlage. Noch bröseligere Decken, weggefaulte Holzstempel – das mulmige Gefühl „demnächst ist hier Ende“ machte sich breit. An einem Röhrenlager vorbei führte uns der Weg immer weiter in den Berg hinein bis wir irgendwann in einer Sackgasse landeten.
Hier machten wir dann kehrt und schauten uns auf dem Weg nach draußen noch eine der Holzrutschen an, die im Bergwerk zu finden waren. Danach ging es aber Richtung Ausgang.


(Und noch mehr verbochene Gänge - es wurde Zeit zu gehen, fanden wir.)  


(Auf dem Rückmarsch zu den Autos, quer durch den Wald.)    

 

Kaum draußen, kam eine zweite, kleine Befahrergruppe nach, die etwas erstaunt war, wie viele wir wären. Kurz verabschiedet und auf die Uhr geschaut: Eine halbe Stunde hätte nur gereicht, den Eingang der nächsten Sohle zu erkunden also zogen wir vor, lieber uns auf den Rückweg zu machen. Etwas schade – hätten wir nicht den Riesen Umweg fahren müssen durch die Straßensperrung, den Zeitverlust durchs Tanken noch dazu gehabt, dann hätten wir locker zwei Sohlen schaffen können. Aber die interessanteste Sohle haben wir gesehen, das ist auch schon was.


Wir gingen also den langen Weg zurück, der Schnee war weg und die Temperaturen stiegen langsam wieder. Den steilen Abhang kamen wir mit Ach und Krach gut runter und an den Autos angekommen, zogen wir uns wieder zivil um, verabschiedeten uns voneinander und dann – ging es schon pünktlichst auf die Rückfahrt. Die war wieder völlig ereignisarm und zur freudigen Überraschung der Familie waren wir keine 5 Minuten nach Plan sonntagabends wieder zuhause. Rechtzeitig, um Gutenachtgeschichten vorzulesen und dann nach einer kleinen Dusche das Auto auszuräumen und die Reise kurz vor dem inneren Auge Revue passieren zu lassen.


Viel gesehen, wie immer nicht alles geschafft – aber ein spannendes Wochenende verlebt. Kostentechnisch habe ich die Tour nicht aufgedröselt, denn als werdender Vater habe ich den Grillabend am Hotel ausgegeben – da wir mit drei Autos unterwegs waren, wurden die Fahrtkosten „intern“ aufgeteilt und die Zimmer/Essen/Getränke vor Ort zahlte dieses Mal jeder selber.
Ich denke aber dass wir pro Person wieder bei ca. 100-120Euro gelandet wären, wobei der Sprit wie immer das Teuerste war.


Und wie immer: Nach der Tour ist vor der Tour. Der Plan, wo es 2017 hingehen könnte, entwickelte sich bereits im Rahmen dieser Tour und ich freue mich schon darauf, wieder mit so netten Leuten ein Wochenende auf „Bunkertour“ zu gehen. Auch wenn es 2017 eventuell eine Tour ganz ohne Bunker werden könnte, so wie es ausschaut…

 

Letzte Aktualisierung am 12.08.2016