bullet Kleine Bunkertouren 2014
bullet Die große Kanone von Zillisheim
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 Die große Kanone von Zillisheim

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er nicht nur was erleben – nein, manchmal findet man abseits des richtigen Weges auch ein spannendes Kleinod, das schon seit ein paar Jahren auf der „Da muss ich doch mal hin wenn Zeit ist“-Liste steht.

So stand Anfang des Jahres (sofern eben die Möglichkeit bestand) ein Kurzbesuch an der sogenannten „großen Kanone von Zillisheim“ an. Und: klappte, wenn auch nicht ganz so wie gehofft.

Worum geht es? Die besagte Kanone war eine 38cm Marine-Kanone die im 1. Weltkrieg Belfort in Frankreich beschießen sollte, nachdem die Westfront im Grabenkrieg erstarrt war. Das Geschütz war aufgrund seiner Größe und Wirkung sehr populär. Für den Transport von Material und Munition wurde eigens eine 2,6 Km lange Bahn installiert, die teilweise in verbunkerten Tunneln verlief um ungestört vom Gegenfeuer die Kanone feuerbereit zu machen. Die Arbeiten an der Anlage begannen im September 1915. Bereits am 8. Februar 1916 wurde der erste Schuss nach Belfort gefeuert. Insgesamt wurden mit der Kruppschen Kanone 44 Schuss abgegeben, 41 nach Belfort und 3 nach Wesserling. Es gab insgesamt 14 Tote durch den Beschuss – wer sich nun wundert über die Relation zu Aufwand und Nutzen: genau. Völlig ineffektiv… Ende 1916 wurde die Anlage schon wieder aufgegeben und 1920 zum nationalen Denkmal in Frankreich erklärt und bis auf ein paar Hinweistafeln im Wald schläft sie seitdem ihren Dornröschenschlaf nachdem die Metallteile aus der Anlage entfernt wurden.


Größere Kartenansicht

Mehr Informationen, Pläne (T1-3 sind die Treppenhäuser auf die ich mich im Text beziehe!) und einige wenige Bilder findet man hier:
 http://sundgaufront.j-ehret.com/zillisheim.htm

Nun, zu später, leider schon extrem dunkler Stunde führte mich der Weg an der Anlage vorbei – kurz am Fußweg angehalten, Stiefel an und die Matschjacke drübergeworfen, ausnahmsweise die Helmpflicht ignoriert und auch wider besseren Wissens solo unterwegs (es gab aber eine Info wo ich war und was zu tun wäre, sollte ich nicht am nächsten Morgen eine kurze Nachricht schicken…). Zunächst führte mich der Weg zielstrebig den falschen Weg entlang – nach 200m über umgestürzte Baumstämme kam mir das spanisch vor. Zurück Marsch und den richtigen Weg gefunden. Durch den dunklen Wald hatte ich aber keine gute Möglichkeit mich mit der Karte zu orientieren aber schon nach 1km Weg tauchte links neben dem Weg eine Treppe in den Untergrund auf. Reingeleuchtet und: Sah richtig aus. Kurz über die Drähte gehüpft und schon ging es abwärts in das System. Hier erwartete mich Matsch.



(Direkt nach dem Einstieg der Deckendurchbruch - oder ein verfüllter Lüftungsschacht?)

Überall zäher, fieser dicker Schlamm der den Boden mal mehr und mal minimal weniger bedeckte. Ohne Stiefel geht hier nichts! Um die Kurve gebogen und ein Deckeneinbruch verleitete mich dazu, erst mal die andere Richtung einzuschlagen. Ich hatte aufgrund des Plans angenommen, bei T1 eingestiegen zu sein und wunderte mich schon nach kurzer Zeit, das irgendwie der Plan nicht ganz mit der Situation im nicht ganz mannshohen Tunnel übereinstimmte. Merkwürdig. Dennoch kann man sich hier kaum verlaufen, denn der Tunnel geht abgesehen von einer Abzweigung zum Ausgang der Feldbahn im Kreis.

(Hauptgalerie. Mächtig matschig...)

Nach einiger Zeit kam ich an einer Abzweigung vorbei und dann an den ersten Munitionslagerräumen.
 

(Links sind die leeren Nischen.)

Alles komplett leer und von verwertbaren Metallen befreit waren hier die ersten Graffitis zu sehen, aber auch noch ein paar originale Inschriften. Ich machte ein paar Fotos die die derzeitige sporadische Nutzung als Partyraum zeigen (Bierflaschen und Kerzen…).

(Die erste, leere Nische - leicht vermüllt und ein paar Graffiti.)

...und ging bald weiter und kam dann an eine zweite Abzweigung. Spätestens jetzt wurde mir klar dass ich nicht da sein konnte laut Plan wo ich es annahm, denn hier fanden sich auch Mannschaftsräume und ein Ausgang nach oben – der allerdings richtig schlammig war, weswegen ich hier nicht herauskletterte.

(Lüftungsschacht.)

Ein komisches Loch in der Tunneldecke wurde schnell als einer der Lüftungsschächte identifiziert und mir schwante, das ich statt in T1 in T3 eingestiegen sein könnte. Und richtig: Den Gang entlang zum zentralen Teil der Anlage ging es nun, dem Hauptmunitionslager und den Treppenhäusern in Richtung der Geschützbettung. Hier fand sich dann ein Partyraum der besonderen Art. Wie beschreibe ich es am besten…? Nun, in einen Holzpflock der in den Boden gerammt war, war ein Kondom der Marke Durex Maxi übergezogen worden und das Ganze in ergonomisch eindeutiger Ausrichtung positioniert worden. Dazu noch eindeutige Graffitis, Kerzen, Bierflaschen und Fussspuren: Ooookay. Hier scheint wohl jemand einen besonderen „Bunkerfetisch“ auszuleben – nun, leben und vögeln lassen…

(Oooookay...? Was man nicht alles in Bunkern findet.)

Weiter ging es zur Bettung – und hier wurde es aber dann so matschig, das ich nicht durchkam. 

(Der Boden war hier sehr wellig, mir war aber nicht klar, warum. Nach dieser Stelle wurde es aber dann extrem nass und matschig.)

Keine Chance- der eine Stiefel wurde vom Schlamm beinahe verschluckt so das ich frustriert den ganzen Weg zurück musste. Ärgerlich!

 

(Der Boden war so matschig, das ich nur noch bis zu den NIschen weiterkam - da war Schluß.)

So schlug ich nun den Weg geradeaus ein zum Ausgang der Feldbahn ging es nun, immer weiter durch den dicken Matsch. Unterwegs sah ich eine Parade von Müllbehältern – ärgerlich.

(Ich will nicht wissen, was da so alles drin ist oder war...)

Offenbar entsorgt hier irgendwer unleckeres Zeug – toll. Das Ende und der Ausgang der Feldbahn waren unspektakulär – im Dunklen draussen war nichts zu entdecken, also ging der Weg zurück zum Einstieg T3 wo ich dann also doch durch die verbrochene Stelle musste um zur Bettung zu kommen.

(Der Ausgang der Feldbahn.)

(Der relativ weit aufgefüllte Durchschlupf.)

Nach reichlich Lauferei (hatte ich den Matsch erwähnt…?) kam ich dort vorbei und nach noch etwas mehr Strecke kam der Partyraum Nummer 3 – ehemals ebenfalls ein Munitionslager in Sicht. Auch hier eine eindeutige Ansammlung und Positionierung von Flaschen, Kerzen und umgedrehten Eimern auf dem Boden – Kopfkino stellte sich etwas ein und ich machte mich mit einem erheitertem Achselzucken weiter auf den Weg.

(Der andere "Partyraum" - ehemals Munitionslager.)

Hier kam ich nun an dem ehemaligen Munitionsaufzug vorbei – ein Loch massiver Größe!

(Deutlich zu erkennen der Bewuchs mit Moosen durch die hohe Feuchtigkeit.)

Kein Wunder, die Geschosse die hier transportiert wurden waren schon enorm. Die untere Etage ist leider nicht mehr erreichbar, hier befanden sich die Motoren der Lifte. Alles voller Schlamm und so ging es mühselig weiter zur Bettung.

(Der Fahrstuhlraum Nr. 2 - in Decke und Boden noch erkennbar die Löcher für Motoren und Umlenkrollen..)

 

 

(Französische Beschriftungen wohl aus den Zwanziger Jahren.)

Es ist, wie es ist und nach 40 Minuten unter Tage machte ich mich durch den Rückweg im dunklen Wald – ein Glück gab es hier ausgetretene Pfade für Jogger, so dass ich nach übersichtlicher Zeit wieder am Auto ankam und den Schlamm nebst Stiefeln in eine Tüte entsorgen konnte.

Zusammenfassung:
Was für absolute Fans die sich viel Matsch und wenig guten Motiven nicht abschrecken lassen. Dennoch mehr oder minder ein Unikat und vielleicht eben deswegen interessant. Und: Deutlich besser erhalten und zugänglich als die meisten Anlagen in Deutschland. Wie immer ein Pluspunkt in Frankreich…

 

 
 

Letzte Aktualisierung am 12.06.2014